: Jane Austen
: Kloster Northanger. Roman Damals - heute - morgen: Reclams Klassikerinnen
: Reclam Verlag
: 9783159609799
: Reclam Taschenbuch
: 1
: CHF 2.60
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: Hauptwerk vor 1945
: German
: 321
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Der posthum veröffentlichte Roman gehört zu den frühen Werken der englischen Klassikerin Jane Austen: Die siebzehnjährige Catherine Morland beeindruckt den jungen Geistlichen Henry Tilney mit ihrer frischen, naiven Art. Bevor Henry und Catherine ein Paar werden können, müssen sie allerhand kleine und große Hürden überwinden.

Jane Austen (16. 12. 1775 Steventon - 18. 7. 1817 Winchester) gehört zu den bedeutendsten britischen Schriftstellerinnen aller Zeiten, die ihre Romane anonym unter dem Titel 'by a lady' veröffentlichte. Austens Hauptwerke wie 'Stolz und Vorurteil' und 'Emma' zählen zu den Klassikern der englischen Literatur. Im Mittelpunkt ihres literarischen Werks steht vielfach die Zerrissenheit junger Damen des gehobenen ländlichen Bürgertums, die zwischen den Erwartungen des Adels und ihrer eigenen Vorstellung von Glück stehen. Christian Grawe, 1935 geboren, hat Germanistik, Philosophie und Geschichte studiert und war bis zu seiner Emeritierung Professor für deutsche Literatur an der University of Melbourne (Australien). Zusammen mit seiner Frau Ursula Grawe hat er die Romane, Romanfragmente und Briefe Jane Austens zum erstenmal vollständig ins Deutsche übersetzt. Bei Reclam hat er zudem zahlreiche Editionen und Interpretationen von Werken der deutschen und englischen Literatur herausgegeben.

Kapitel 1


Wer Catherine Morland als Kind gesehen hatte, wäre nie auf den Gedanken gekommen, dass sie zur Romanheldin bestimmt war. Ihre Lebensumstände, der Charakter ihres Vaters und ihrer Mutter, ihre äußere Erscheinung und ihr Naturell – alles sprach gleichermaßen gegen sie. Ihr Vater war Pfarrer, dabei aber durchaus nicht zu kurz gekommen oder verarmt, sondern ein sehr angesehener Mann, obwohl er Richard hieß1 – und eine Schönheit war er auch nie gewesen. Er besaß neben seinen beiden einträglichen Pfarrstellen ein beträchtliches Vermögen und hatte ganz und gar nicht die Angewohnheit, seine Töchter hinter Schloss und Riegel zu sperren. Ihre Mutter war eine schlichte, lebenstüchtige Frau von gleichmäßiger Freundlichkeit und – man höre und staune – unverwüstlicher Konstitution. Sie hatte schon drei Söhne, als Catherine zur Welt kam, und anstatt, wie man doch wohl erwarten durfte, bei ihrer Geburt zu sterben, lebte sie einfach weiter – lebte weiter und gebar sechs weitere Kinder, sah sie alle um sich herum aufwachsen und erfreute sich dabei selbst auch noch bester Gesundheit. Eine Familie mit zehn Kindern kann immer Anspruch auf das Wort »stattlich« erheben; dafür sorgt schließlich schon die Zahl der Köpfe und Arme und Beine, aber bei den Morlands gründete sich das Anrecht auf diese Auszeichnung auf wenig anderes, denn sie waren im Großen und Ganzen recht bieder, und ausgesprochen bieder war viele Jahre lang auch Catherine. Sie war mager und ungelenk, hatte einen blassen, glanzlosen Teint, glatt