Wer Catherine Morland als Kind gesehen hatte, wäre nie auf den Gedanken gekommen, dass sie zur Romanheldin bestimmt war. Ihre Lebensumstände, der Charakter ihres Vaters und ihrer Mutter, ihre äußere Erscheinung und ihr Naturell – alles sprach gleichermaßen gegen sie. Ihr Vater war Pfarrer, dabei aber durchaus nicht zu kurz gekommen oder verarmt, sondern ein sehr angesehener Mann, obwohl er Richard hieß1 – und eine Schönheit war er auch nie gewesen. Er besaß neben seinen beiden einträglichen Pfarrstellen ein beträchtliches Vermögen und hatte ganz und gar nicht die Angewohnheit, seine Töchter hinter Schloss und Riegel zu sperren. Ihre Mutter war eine schlichte, lebenstüchtige Frau von gleichmäßiger Freundlichkeit und – man höre und staune – unverwüstlicher Konstitution. Sie hatte schon drei Söhne, als Catherine zur Welt kam, und anstatt, wie man doch wohl erwarten durfte, bei ihrer Geburt zu sterben, lebte sie einfach weiter – lebte weiter und gebar sechs weitere Kinder, sah sie alle um sich herum aufwachsen und erfreute sich dabei selbst auch noch bester Gesundheit. Eine Familie mit zehn Kindern kann immer Anspruch auf das Wort »stattlich« erheben; dafür sorgt schließlich schon die Zahl der Köpfe und Arme und Beine, aber bei den Morlands gründete sich das Anrecht auf diese Auszeichnung auf wenig anderes, denn sie waren im Großen und Ganzen recht bieder, und ausgesprochen bieder war viele Jahre lang auch Catherine. Sie war mager und ungelenk, hatte einen blassen, glanzlosen Teint, glatt