: Luisa Francia
: Wer nicht alt werden will, muss vorher sterben Nachdenken über die letzte Lebenszeit
: nymphenburger Verlag
: 9783485061261
: 1
: CHF 8.70
:
: Spiritualität
: German
: 160
: DRM
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Gutes Sterben - was ist das? Bestsellerautorin Luisa Francia beleuchtet Alter und Sterben aus ihrer Sicht als Tochter, die ihre alte Mutter pflegt und bis zum Tod begleitet. Offen, schonungslos ehrlich und fernab der heilen Welt der Werbeprospekte beschreibt sie, wie kräftezehrend die Pflege Angehöriger ist, wie die Pflegesituation in Heimen heutzutage oft aussieht und welche Konsequenzen sie für sich daraus gezogen hat. Luisa Francia beschäftigt sich vor allem mit den zwei essenziellen Fragen: Wie können wir gut alt werden und dabei unser Leben Stück für Stück loslassen, um angstfrei und friedvoll zu sterben? Sie gibt Mut machende Anregungen für das Alter und die Vorbereitung auf den eigenen Tod. Denn nur wer sich mit diesem Thema früh genug auseinandersetzt und sich vorbereitet, wird am Ende gut gehen können.

Luisa Francia ist Schriftstellerin, Künstlerin, Zauberkundige, Reisende, hat eine erwachsene Tochter, spricht fünf Sprachen und hat über dreißig Bücher veröffentlicht, von denen einige Bestseller wurden. Sie macht Seminare, unterrichtet Yoga, hält Lesungen und Vorträge, die sich hauptsächlich mit Magie als Kommunikation, als Weg zum tieferen Verständnis spiritueller Energien beschäftigen. Sie führt unter salamandra.de ein Internet-Tagebuch.

Fast ein Ende

Der Morgen des 25. Juni 1992 ist trüb. Es nieselt. Meine Tochter hat vor, gleich mit ihrem Roller zur Schule zu fahren. Ich werde mir ein Taxi zum Bahnhof nehmen, denn ich habe am Abend eine Lesung und noch eine weite Reise vor mir. Sie möchte allerdings unbedingt, dass ich mit ihr auf dem Roller fahre. Das Wetter ist zwar lausig, aber ich gebe nach und fahre mit ihr mit. Vor ungefähr drei Monaten habe ich mein Auto aufgegeben, als eine Art Deal mit den Mardern, denn ich liebe die Marderfamilie. Ich habe das Gefühl, sie sind eigentlich Untergrundkämpfer gegen den Autoverkehr. Seither versuche ich, mich mit öffentlichen Verkehrsmitteln (den letzten Abenteuern der Menschheit) und Taxis durchzuschlagen. Zum Einkaufen nehme ich das Fahrrad.

Zur gleichen Zeit setzt sich Professor Edgar Biemer zum Frühstück hin. Karl Kandler, der Sozialarbeiter, richtet Kakao und Semmeln für seine Schützlinge in der Außenstelle der Heckscher-Kinderklinik auf der Rottmannshöhe her. Der Sanitäter Michael Schwedler hat in der Einsatzzentrale gerade mal eine ruhige Minute und trinkt einen Kaffee. Chirurg Klaus Höllenriegel verlässt seine Wohnung in München und steigt in sein schnelles Auto.

Am Abend zuvor war ich am Waldrand spazieren gegangen und auf einen Jägerstand geklettert. Erst oben merkte ich, wie wacklig und brüchig er war. »Wenn du hier runterfällst, brichst du dir alles«, dachte ich und weiß doch gar nicht, wie das ist, sich alles zu brechen: 42 Jahre bin ich alt und noch nie habe ich mir einen Knochen gebrochen. Zu Hause schrieb ich zwei Artikel, für die ich eigentlich noch lange Zeit hatte. Und einem Impuls folgend stellte ich für alle offenen Rechnungen Schecks aus. Sogar Briefmarken fanden sich. Noch am Abend lief ich zum Briefkasten und gab die ganze Post auf. Das hätte mich schon stutzig machen können. Aber was nützt das: Kann man aufhören zu leben, nur weil man Vorahnungen hat?

Ein Müllwagen biegt auf die Vorfahrtsstraße ein, auf der wir mit dem Roller fahren, der Fahrer sieht uns nicht. Ich schreie, Walli gibt Gas, der Reifen des Lasters streift fast meinen Arm.

Nach diesem Vorfall hätten wir umkehren können. Andererseits ist uns ja nichts passiert. Alles ging gut. Wir steigen ab, schimpfen, regen uns auf und ab. Zigarettenpause vor dem Super-GAU. Wir fahren weiter. Es ist 7:08 Uhr. Wir unterhalten uns schreiend durch die offenen Klappen unserer Helme. Ich bewundere Wallis Gelassenheit nach diesem Beinahe-Unfall. Ich denke: »Ich nehme den Zug um 8:03 Uhr nach München, dann gehe ich dort frühstücken. Und danach in die Biblio