: Annika Dick
: Der Ritter und die Bastardtochter
: MIRA Taschenbuch
: 9783733781200
: 1
: CHF 4.40
:
: Historische Romane und Erzählungen
: German
: 250
: kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB

'Brenne, du Hexe!' Mit Todesverachtung steht Rayne auf dem glimmenden Holzhaufen, der ihr Schicksal bedeutet. Die Menge schreit nach ihrer Hinrichtung. Gleich lodern die Flammen hoch, fressen sich in ihre zarte Haut - da kämpft sich ein fremder Krieger vor, zerschlägt ihre Fesseln und reitet mit ihr davon. Nur zu welchem Preis? Rayne spürt seinen finsteren Blick auf ihrer Haut. Nicholas Kendall, der Earl of Ravenglass, weiß genau, wie sie ihm die Freiheit vergelten kann. Er zwingt sie, seinen Bruder zu heilen! Wütend folgt sie ihm auf seine Burg - doch eines schwört sie sich: dem Ritter zu zeigen, wie widerspenstig Hexen wirklich sind ...

1. KAPITEL

Rayne spuckte Blut aus. Ihr Blick folgte dem roten Tropfen auf dem Holzscheit zu ihren Füßen. Die Menge um sie herum schrie und geiferte. Sie konnten es kaum erwarten, sie brennen zu sehen.

Doch Rayne ignorierte ihre Worte. Womit sie den Hass der Leute verdient hatte, wusste sie nicht. Vorsichtig schaute sie auf und blickte über die Köpfe der Dorfbewohner zu den Ehrengästen, die auf einem kleinen Podium platziert wurden. Sie konnte die Gesichter von ihrer Position aus kaum erkennen, doch sie ahnte, mit welcher Freude der Mann auf der linken Seite zu ihr herüber sah. Womit sieseinen Hass verdiente, wusste sie erst recht nicht. Ihr Leben lang hatte sie sich von ihnen ferngehalten. Es war eine einfache Lektion gewesen, die sie von ihrer Mutter gelernt hatte:Halte dich von der Burg fern und von allen, die darin leben. Rayne hatte sie stets befolgt und doch schien es nicht genug gewesen zu sein.Erinnere ich dich so sehr an die Vergehen deines Vaters, dass du mich hasst?, fragte sie sich, während ihr Blick auf dem Mann haften blieb. Nein, das konnte sie sich kaum vorstellen. Nach dem, was sie über Henry Bewley gehört hatte, stand er seinem Vater an Grausamkeit in nichts nach. Es war gut, dass er nicht auf Ravenglass thronte. Nicht, dass es ihr jetzt noch helfen würde, aber es war ein kleiner Trost. Selbst ihr Tod würde nichts daran ändern, dass ihm die Königin sein Erbe für immer genommen hatte.

Ihre Beine schmerzten. Man hatte ihre Hände so weit über ihrem Kopf festgebunden, dass sie auf ihren Zehen stehen musste. Ihre Arme spürte sie seit einigen Minuten schon nicht mehr. Bald würde sie gar nichts mehr spüren. All die Schmerzen, die man ihr in der letzten Woche beigebracht hatte, um von ihr das Geständnis zu erpressen, dass sie eine Hexe war, würden vergangen sein. Doch vorher würde sie noch unerträglichere Schmerzen erleiden müssen.

Rayne hatte immer Respekt vor dem Feuer gehabt. Nun fürchtete sie es. Ihr Herz schlug schneller, als sie sah, wie Männer Fackeln entzündeten. Für einen Moment verstummten die Stimmen der anderen Menschen. Oder war nur das Rauschen in ihren Ohren zu laut? Ein rauchiges Wimmern drang an ihr Ohr, und Rayne brauchte einen Moment, um zu erkennen, dass es ihre eigene Stimme war.

Seit zwei Tagen hatte man ihr Wasser verweigert. Seitdem feststand, dass sie brennen würde. Sie hatte sich nicht schuldig bekannt. Hexen gab es nicht. Es war nur ein Begriff, mit dem die Dorfbewohner diejenigen benannten, die sie aus dem Weg schaffen wollte. Doch vor zwei Tagen hatte sie die Kraft verloren, sich