Rede vom 28. November 1989
Folgende Rede hielt ich zum Tagesordnungspunkt »Haushaltsgesetz 1990«. Nach den parlamentarischen Gepflogenheiten fand unter diesem Stichwort eine Generalaussprache über die Politik der Bundesregierung statt, die der Vorsitzende der stärksten Oppositionsfraktion mit seinem Beitrag eröffnete und auf den dann der Bundeskanzler antwortete. So war es auch diesmal. Allerdings stand jetzt – drei Wochen nach dem Mauerfall – die sich rapide verändernde Situation in der DDR und in Osteuropa im Vordergrund.
In meiner Rede beschrieb ich diese Situation und gab meiner Freude über eine Revolution Ausdruck, wie es sie so bisher in der deutschen Geschichte noch nicht gegeben habe. Dann präsentierte ich für die nun notwendige Politik der Bundesrepublik ein Fünf-Punkte-Konzept. In ihm bezeichnete ich die Einheit und Freiheit Deutschlands als Endziel und die baldige Schaffung einer Konföderation beider deutscher Staaten als einen wichtigen Schritt auf dem Wege zu diesem Ziel. Außerdem bezeichnete ich es als durchaus möglich, dass es rascher als vermutet zu einer Währungsunion kommen könne.
Helmut Kohl antwortete mit einem Zehn-Punkte-Plan, der ebenfalls eine Konföderation vorsah und insgesamt weitgehend mit meinem Konzept übereinstimmte. Von einer Währungsunion sprach er jedoch nicht. Diese lehnte er vielmehr bis Anfang Februar 1990 ab. Danach störte allerdings Oskar Lafontaine als unser späterer Kanzlerkandidat die Einführung der Währungsunion auf seine Weise. Verhindern konnte er unsere Zustimmung zu dem maßgebenden Vertrag aber nicht.31
Einmal mehr hält das, was ich damals sagte, der Prüfung aus heutiger Sicht stand. Das gilt auch für die Verbindung, die ich zwischen der deutschen und dem Fortgang der europäischen Einigung mit der Maßgabe herstellte, dass die bestehenden Bündnisse – also die NATO und der Warschauer Pakt – in eine europäische Friedensordnung überführt werden sollten. Dies ist ja nach dem EU- und NATO-Beitritt osteuropäischer Staaten mit den Kooperationsvereinbarungen zwischen der NATO und Russland im Ansatz geschehen. Dass die Ukraine-Krise diese Kooperation inzwischen in Frage gestellt hat, steht auf einem anderen Blatt.
Wiederholen würde ich aus heutiger Sicht auch den dringenden persönlichen Appell an Helmut Kohl hinsichtlich der jetzt notwendigen Deutschlandpolitik, alles Trennende zurückzustellen und darauf zu verzichten, die Ereignisse wechselseitig parteipolitisch auszuschlachten und stattdessen alsbald zu einem Gespräch über ein gemeinsames Vorgehen einzuladen. Das ist leider erst im Mai 1990 geschehen, als das Ergeb