1. KAPITEL
Edinburgh – August 1822
Ihr kommt spät“, grollte jemand hinter der Tür, während gleichzeitig knirschend ein eiserner Riegel gelöst wurde.
Das nennt sich Dankbarkeit, dachte Logan und warf einen Blick hinter sich auf die Ponys, die die enge Gasse hinter ihm verstopften. „Aye, Mann, lassen Sie uns schnell rein, sonst findet sich Ihr Whisky noch vor dem Morgen in den Kellern der Zollfahnder wieder. Oder bei McKenzie.“
Über ihm in dem Spalt zwischen den hohen Häusern wich die Dunkelheit schon dem ersten Morgenlicht. Man würde sie bald sehen können. „Voran! McKenzies Männer kontrollieren die ganze Strecke von Holyrood bis zu den Palasttoren.“ Er würde dem Wirt nicht noch einmal aushelfen, wenn er auf solch mürrische Weise begrüßt wurde.
Endlich schwang die Tür zurück.
Ein fetter Mann mit dichtem Stoppelbart und einer schwabbeligen Wampe unter einer ehemals weißen Schürze lugte hinaus. „Guter Gott! Hat Gilvry so wenige Männer, dass er sie schon der Mutter vom Rockzipfel reißen muss?“
Logan knirschte mit den Zähnen. Na gut, er war jünger als die meisten in diesem Gewerbe, aber mit seinen zweiundzwanzig betätigte er sich immerhin schon jahrelang darin, und er war es so satt, ständig Bemerkungen über seine Jugend zu hören. „Sie sind Archie, richtig? Wollen Sie nun den Whisky oder nicht?“
„Aye, bringt ihn rein.“ Der Wirt gab den Weg frei.
Logan winkte seinen Männern, die sich sogleich in Bewegung setzten. Sie lösten die Fässer von den Traggestellen der Ponys, reichten sie weiter bis zum Anfang der Reihe, wo jeweils zwei sie die Kellerstiege hinabschafften, während der Wirt jedes einzelne Fass zählte. „Zwanzig?“, fragte er schließlich nach dem letzten. „Mehr habt ihr nicht?“
Logan signalisierte seinen Leuten, den Mietstall am Stadtrand aufzusuchen. Grinsend musterte er Archie. „Sie können von Glück sagen, dass Sie überhaupt das kriegen. Die eine Hälfte der Nacht mussten wir McKenzies Männern aus dem Weg bleiben und den Steuerfahndern die andere.“
Archie verzog das Gesicht. „McKenzies Männer haben euch nicht gesehen, hoffe ich. Er wird mir die Knochen brechen, wenn er erfährt, dass ich anderswo gekauft habe.“
Logan grinste. „Der sieht den Wald vor lauter Bäumen nicht.“
Archie grunzte nur, schloss die Falltür zum Keller und verbarg sie unter einer Lage breiter Bretter. „Aye, na, ich dachte schon, ihr kommt nicht mehr und das, wo ich hier das Haus voller Engländer habe, die alle nachuisge beatha schreien.“
Alle Engländer waren scharf auf das, was die Schotten aus irgendeinem Grund „Lebenswasser“ nannten. Schottischen Whisky. Und seine Familie, die Gilvrys, machten den besten. Logan bezweifelte allerdings, dass die Fremden die Feinheiten erkannten, wenn man sah, dass sie auch Genever nachgerade eimerweise tranken. Trotzdem war die bevorstehende Ankunft des fetten Königs George mit seinem riesigen Gefolge ein Geschenk des Himmels. Schon jetzt weilten zahlreiche Engländer in der Stadt, um alles für den Besuch vorzubereiten. Da kam selbst McKenzie der Nachfrage nach „Lebenswasser“ nicht nach. Unter den üblichen Umständen machte er es den Gilvrys jedoch beinahe unmöglich, ihren eigenen Whisky in Edinburgh zu verkaufen. Was sie wirklich brauchten, war ein Käufer in London. Und das war ein weiterer Grund, warum Logan sich hierher begeben hatte.
Lärm hallte hinter der Tür, die in die Schänke führte. Archie profitierte ebenfalls von dem königlichen Besuch. „Aye, aber nun bin ich da