1. KAPITEL
Bria stand im Warteraum des Krankenhauses, die Arme schützend um sich geschlungen, und versuchte, gegen ihre Angst anzukämpfen. Doch es hatte keinen Zweck. Kalte Schauer ließen sie zittern, obwohl es jetzt, Anfang Juni, in Texas schon ziemlich warm war. Hilflos zusehen zu müssen, wie der wütende Bulle Sam gegen den Zaun schleuderte und ihn mehrmals mit dem Kopf traktierte, war entsetzlich gewesen. Glücklicherweise war der Stier enthornt, sodass Sam keine Stichwunden davongetragen hatte, und das massive Tier hatte auch nicht auf ihm herumgetrampelt. Nate und Sams andere Brüder waren sofort herbeigeeilt, um den Bullen abzulenken, aber Bria schien es, als wäre alles in Zeitlupe passiert. Es hatte endlos gedauert, bis der Stier von Sam abließ und der Notarzt ihn versorgen konnte.
Unter Tränen dachte sie daran, dass sie schuld an Sams Unfall war. Wenn sie wenigstens noch einen Tag gewartet hätte, um ihm die Scheidungsdokumente zur Unterschrift zu bringen, dann müsste sie jetzt nicht hier im Krankenhaus auf das Ergebnis der Untersuchung warten. Doch das Rodeo war nur zwei Autostunden von ihrem neuen Zuhause in Dallas entfernt, und sie wollte unbedingt frei sein, ehe sie ihren neuen Job als Marketingmanagerin einer großen Kaufhauskette antrat. Leider war sie in einen Stau geraten, und deshalb erst angekommen, als die gefährliche Show bereits begonnen hatte.
Sie unterdrückte ein Schluchzen. War es nicht völlig egal, was sie geplant und warum es nicht geklappt hatte? Sam zahlte nun den Preis für ihre Ungeduld.
„Hast du schon was gehört, Bria?“, drang Nates Stimme wie von Ferne an ihr Ohr.
Als sie sich umdrehte, sah sie ihn und seine Brüder den Krankenhausflur entlangkommen. Alle fünf waren echte Cowboys vom breitkrempigen Hut bis zur Stiefelsohle. Groß, gut aussehend, selbstbewusst. Wie Sam, waren auch seine Brüder mittlerweile schwerreiche Männer geworden, doch sie alle waren die bodenständigen, hart arbeitenden Cowboys geblieben, die lieber Jeans und einfache Hemden trugen als Designerklamotten. Nur Nate war Sams leiblicher Bruder, doch die gemeinsame Zeit bei Hank Calvert hatte die sechs Ziehgeschwister für immer zusammengeschweißt.
„Sie … sie haben ihn gerade zum Röntgen gebracht, und dann soll er in den Computertomografen“, antwortete sie mit brüchiger Stimme.
Nate nahm sie in die Arme und drückte sie an sich. „Er wird es überstehen, Bria.“
„Sam ist hart wie Stahl“, fügte Lane Donaldson hinzu. Er war so alt wie Sam, hatte Psychologie studiert und verdiente sein Geld als erfolgreicher Pokerspieler. Doch im Moment gelang es ihm nicht sehr gut, seine Nervosität hinter seinem Pokerface zu verbergen.
Ryder McClain, der die Dinge immer leicht nahm, nickte: „Wahrscheinlich nervt Sam die Ärzte längst damit, dass er endlich nach Hause will.“
„Hoffentlich habt ihr recht“, seufzte Bria.
„Möchtest du was trinken, Bria?“, fragte T. J. Malloy. „Einen Kaffee? Oder Mineralwasser?“ Er war der fürsorglichste der sechs Brüder, und kümmerte sich gern um alle.
„Besorg uns allen Kaffee, T. J.“, ordnete Nate an, ohne auf Brias Antwort zu warten.
„Ich