1. KAPITEL
Alles war bereit.
Unnahbar und schweigend, jedoch hellwach und reglos wie ein Raubtier, das auf der Lauer lag, saß Sultan Tariq bin Omar al-Sharma an dem wohlweislich etwas versteckt platzierten Tisch und ließ seine Blicke durch den Raum schweifen. Seine arrogante Kopfhaltung sowie das kalte Glitzern in den dunklen Augen zeitigten den erwünschten Effekt, die anderen Gäste auf Abstand zu halten. Als zusätzliche Maßnahme waren Leibwächter im Hintergrund postiert, entschlossen, sich jedem in den Weg zu stellen, der es wagte, sich dem Sultan unerlaubt zu nähern.
Tariq ignorierte seine Männer ebenso wie die neugierigen Blicke der Anwesenden. Das Aufsehen um seine Person ertrug er mit der Ungerührtheit eines Menschen, der es von Kindesbeinen an gewöhnt war, Gegenstand des öffentlichen Interesses und wildester Spekulationen zu sein.
Er war der begehrteste Junggeselle der Welt, reich an Macht, Einfluss und Geld, ein Mann in besten Jahren, unnachgiebig und zäh und darüber hinaus auch noch atemberaubend gut aussehend.
Für die Frauenwelt stellte Tariq den ultimativen Fang dar. Und so buhlte auch hier wieder jede Einzelne mehr oder minder versteckt um ihn, überzeugt, dass allein sie seiner Aufmerksamkeit würdig war.
Normalerweise hätte Tariq diesen Umstand skrupellos ausgenutzt, heute Abend jedoch war er nur an einer einzigen Frau interessiert.
Und die hatte er bis jetzt noch nicht entdecken können.
Nichts an seiner kraftvollen, athletischen Erscheinung ließ ahnen, dass seine Anwesenheit hier einem anderen Wunsch entsprang als dem, an einer glamourösen Benefizgala teilzunehmen. Sein ebenmäßiges aristokratisches Gesicht verriet mit keiner Miene, dass dieser Abend den Schlusspunkt monatelanger akribischer Planungen markierte.
Er war heute Abend nicht hier, um sich zu amüsieren, sondern um seinem Land zu dienen.
Er musste die Tyndall Pipeline Corporation unter seine Kontrolle bringen. Der Bau einer Ölpipeline war für eine blühende Zukunft Tazkashs unverzichtbar – ausschlaggebend für Sicherheit und Wohlstand seines Volkes. Dass das Projekt wirtschaftlich, umweltpolitisch und finanziell durchführbar war, hatten die Untersuchungen bereits ergeben. Alles war vorbereitet.
Aber Harrison Tyndall weigerte sich mitzuspielen. Nicht einmal verhandeln wollte er. Und Tariq kannte auch den Grund.
Das Mädchen.
Farrah Tyndall.
Daddys kleiner Liebling. Die verwöhnte reiche Tochter. Das glamouröse Partygirl. Das Mädchen, das stets seinen Willen bekam.
Nur mich hat Farrah Tyndall nicht bekommen.
Tariqs harter Mund verzog sich zu einem Lächeln. Dabei hätte sie ihn durchaus haben können. Allerdings nur zu seinen Bedingungen, und die hatten ihr nicht gefallen.
Ebenso wenig, wie sie Harrison Tyndall gefallen hatten. Wochenlange zähe Verhandlungen zwischen dem Staat Tazkash und der Tyndall Pipeline Corporation hatten am Ende zu keinem Ergebnis geführt. Seitdem herrschte Funkstille – und das nun schon fünf lange Jahre.
Grotesk, wenn wegen einer Frau Geschäftsbeziehungen eingefroren wurden.
Neben ihm saß Hasim Akbar, sein Erdölminister, der sich jetzt respektvoll räusperte. „Vielleicht sollte ich mich mal umsehen, ob die kleine Tyndall inzwischen eingetroffen ist, Exzellenz.“
„Die Mühe können Sie sich sparen.“ Tariq sprach langsam und gedehnt, sein vornehmes Oxford-Englisch war Ausdruck der besten Bildung, die man sich mit Geld erkaufen konnte. „Ich wüsste es, wenn sie hier wäre.“
Hasim, der alle Mühe hatte, seine wachsende Nervosität zu zügeln, trommelte mit den Fingern auf dem Tisch herum. „Dann kommt sie aber extrem spät.“
Tariq lächelte zynisch. „Was dachten Sie denn? Mit Pünktlichkeit kann man schließlich kein Aufsehen erregen.“
Er war überzeugt, dass Farrah Tyndall in irgendeinem Flügel des Hauses bereits ungeduldig auf ihren Auftritt wartete, der natürlich so effektvoll wie möglich vonstatten gehen musste. Denn lag in der Inszenierung der eigenen Person nicht der einzige Sinn ihres müßiggängerischen Dase