1. KAPITEL
Daniel beschwerte sich ständig darüber, dass sein Handy stets im falschen Moment klingelte, und es enttäuschte ihn auch jetzt nicht. Gerade als er eine sehr empfindliche Venusfliegenfalle aus dem Topf nahm, die Hände voller Wurzeln und Kompost, vibrierte es in seiner Hosentasche.
Es hatte Zeiten gegeben, da hätte er es einfach ignoriert – vor allem, wenn er solch eine zarte Pflanze in den Händen gehalten hätte – aber jetzt bangte er immer, dass es seine jüngere Schwester sein könnte, die ihm erzählen musste, dass sie wieder krank war. Oder noch schlimmer, dass es ein Fremder war, der ihm berichtete, dass sie zusammengebrochen und in die Notaufnahme eingeliefert worden war, und Daniel möge doch bitte ihre Kinder aus dem Kindergarten abholen.
Widerstrebend schüttelte er die Erde von seiner rechten Hand, nahm den Wurzelballen in die linke und fummelte in seiner Hose nach dem Handy. Während er sich das Telefon zwischen Schulter und Ohr klemmte, versuchte er, sich die Erde von den Fingern zu wischen.
„Ja.“
„Daniel Bradford?“, fragte eine tiefe, allzu euphorisch klingende Männerstimme.
„Ja“, wiederholte er, konzentrierte sich dabei aber mehr darauf, mit einer Hand die seltene Pflanze in den Topf zu befördern. Das ließ sich nicht gut an. Dabei wollte er diese Pflanze noch gar nicht teilen.
„Hallo Daniel, hier ist Doug Harley, und Sie sind live auf Radio EROS, Londons romantischstem Radiosender!“
Daniel richtete sich auf und wirbelte herum, während er den Blick durch das Tropengewächshaus in Londons berühmten Kew Gardens schweifen ließ, überzeugt davon, dass sich irgendwo hinter einer Palme eine Gruppe feixender Praktikanten versteckte. Das war doch wohl ein Scherz, oder?
Aber den Einzigen, den er entdeckte, war ein Gartenbaustudent, der einen Wagen mit Setzlingen schob, Kopfhörer auf den Ohren und somit abgeschieden von der Welt. Ansonsten herrschte Stille in dem Glasbau.
„Daniel?“, ertönte die schmalzige Stimme wieder.
Er nahm das Telefon vom Kopf und starrte auf das Display, während er ernsthaft überlegte, einfach aufzulegen. Für so einen Quatsch hatte er wirklich keine Zeit.
„Was wollen Sie?“, schnauzte er den Mann an, nachdem er das Handy wieder ans Ohr gehoben hatte. „Ich bin beschäftigt.“
Daraufhin folgte ein genauso schmalziges – und ebenso ärgerliches – Gelächter am anderen Ende der Leitung. „Hierfür nicht, Daniel. Versprochen.“
Daniel biss die Zähne zusammen. Die vertrauliche Art und Weise, wie der Moderator in jedem Satz seinen Namen hervorhob, ging ihm gehörig auf die Nerven.
„Überzeugen Sie mich.“
Wieder wurde gelacht. Als würde es um einen Witz gehen, den nur dieser Typ verstand.
„Ich bin sicher, dass Sie wissen, was heute für ein Tag ist, Daniel?“
Verwirrt zog er die Augenbrauen zusammen. Es war Dienstag. Ja und?
Oh.
Innerlich fluchend dachte er an die Ansammlung von roten und rosa Umschlägen, die er heute Morgen auf seinem Schreibtisch vorgefunden hatte. Kopfschüttelnd hatte er sie einfach – ungeöffnet – beiseitegeschoben und sich bemüht, sie zu vergessen. Es war nicht irgendein Dienstag, sondern dieser alberne Tag Mitte Februar.
Daniel schnaubte. Wahrscheinlich ging es um irgend so einen idiotischen Radiowettbewerb auf einem Schnulzensender, von dem er noch nie gehört hatte. Er war sich ziemlich sicher, dass er