1. KAPITEL
Timothy Banning brauchte dringend Urlaub von seinem New-York-Urlaub. Nicht, dass das möglich gewesen wäre, und erholen konnte er sich schließlich auch auf seiner Ranch in Texas – aber zunächst musste er überhaupt dorthin zurückkommen.
Der Flughafen war überfüllt, nur was sollte man an einem Sonntagnachmittag auch anderes erwarten? Tim wappnete sich innerlich gegen das Unvermeidliche: ein überfülltes Flugzeug, von dem ihn nicht einmal eine kleine Mahlzeit ablenken würde. Wenigstens hatte er eine Bordkarte, ganz im Gegensatz zu der laut nörgelnden Menschenmenge, die sich gerade um den Check-in-Schalter drängte.
Dankbar, dass er nicht mit der überforderten Flughafenangestellten tauschen musste, die versuchte, die aufgebrachte Meute zu besänftigen, reihte er sich in die Boarding-Schlange ein.
Er fühlte sich ausgelaugt, aber so war das nun mal, wenn er seine angeblich pensionierte Großmutter besuchte. Unaufhaltsam rannte sie von Theateraufführung zu Theateraufführung, von Shoppingausflug zu Shoppingausflug, und redete dabei wie ein Wasserfall. Ein kleines Nickerchen würde ihn schon wieder auf die Beine bringen.
Nicht das erste Mal nahm er sich fest vor, es auch wirklich ernst zu nehmen, wenn seine Großmutter eine Runde Drachenfliegen über dem Central Park vorschlug. Tim streckte seinen Nacken und zuckte vor Schmerz zusammen: Dieses Mal hätte sie ihn beinahe umgebracht.
Und nach wie vor weigerte sie sich, auch nur darüber nachzudenken, mit ihm zurück nach Texas zu kommen, damit er sich besser um sie kümmern konnte. All seine Überredungsversuche fegte sie unwillig vom Tisch.
Vor ihm saß ein etwa fünfjähriges Mädchen auf dem Arm seiner Mutter. Es hatte schrecklich verstrubbeltes Haar und trug ein Sommerkleidchen, auf dem „Bin ich nicht süß?“ stand. Mit weit aufgerissenen Augen starrte es Tim an und lutschte lautstark an einem leuchtend blauen Lolli.
So süß die Kleine auch sein mochte – er hoffte inständig, dass sie im Flugzeug nicht neben ihm sitzen würde.
Mit einem vernehmbaren Schmatzlaut zog sie sich den Lutscher aus dem Mund und lächelte Tim mit blau gefärbten Zähnen an. Speichel tropfte von ihren Lippen auf den Nacken ihrer Mutter herab. „Tish, pass doch auf!“ Die Mutter verlagerte das Gewicht des Mädchens auf ihren anderen Arm. „Behalt das bitte im Mund, ja?“
Genau, Tish, behalt das schön im Mund.
Schließlich steckte sich Tish den Lutscher wieder zwischen die bläulichen Lippen und musterte Tims Hut. „Bis’ du’n Cowboy?“, nuschelte sie.
Tim schnipste sich den Cowboyhut in den Nacken und bestätigte: „Yep!“
„Has du’n Ferd?“
„Yep!“
„Mag sie Tsucka?“
„Vermutlich genauso gern wie du!“
Tish grinste breit und lutschte weiter an ihrem Lolli. Die Warteschlange war kein Stück kürzer geworden. Stattdessen wurde er vo