1. KAPITEL
„Sagen Sie, Mr Perry … Bryan … was halten Sie von Schokolade?“
Die samtige Stimme erwischte Bryan Perry, den stellvertretenden Direktor desElevation Hotels in Crested Butte, unvorbereitet. Er machte es sich in seinem Büro hinter dem Schreibtisch bequem und streckte die Beine aus. Den Klang dieser Stimme wollte er auskosten, obwohl die Frau, der sie gehörte – eine gewisse Angela Krizova –, merkwürdige Fragen stellte. „Darüber habe ich mir noch nie Gedanken gemacht“, antwortete er.
„Dann haben Siemeine Schokolade noch nicht probiert.“
Die sexy Stimme machte Appetit auf mehr. Werwar diese Frau? „Kann ich die mal kosten?“, rutschte es ihm heraus. Glücklicherweise war Carl Phelps, der Manager des Hotels, nicht in Hörweite. Diesen kleinen Flirt hätte er vermutlich als weiteren Beweis dafür betrachtet, dass Bryan, der sich bisher als Nachtportier und Skilehrer durchgeschlagen hatte, für einen Posten im Management ungeeignet war.
„Aber gern“, sagte Angela. „Wir sollten uns ohnehin zusammensetzen.“
Bryans Herz schlug schneller. Noch nie hatte er sich von einer Frau angezogen gefühlt, nur weil sie eine schöne Stimme hatte, doch wer so sexy klang,musste einfach die Frau seiner Träume sein. „Aber ja“, sagte er und versuchte, selbst möglichst erotisch zu klingen.
„Ich muss mir den Saal ansehen. Und wir können die Dekoration für die Spendenparty besprechen.“
Richtig. Die Spendenaktion für das Laientheater! Sie war der eigentliche Grund für dieses Gespräch. Er setzte sich in seinem Stuhl auf und blätterte seinen Kalender durch. „Gute Idee. Wann passt es Ihnen?“ Angelas Stimme hatte in ihm bereits das Bild einer sinnlichen Blondine heraufbeschworen.
„Wie wäre es morgen Nachmittag? Da habe ich eine Vertretung für den Laden.“
„Für welchen Laden denn?“, fragte er.Diese Stimme …
„DasChocolate Moose. In der Elk Avenue.“
Die Hauptstraße von Crested Butte war von bonbonfarbenen Häusern im viktorianischen Stil gesäumt. Bryan machte sich wenig aus Süßigkeiten, deshalb hatte er dasChocolate Moose noch nie betreten.
„Ich würde gern die Desserts liefern, deshalb habe ich Sie gefragt, was Sie von Schokolade halten“, fuhr Angela fort.
Eigentlich schrieb die Unternehmenspolitik vor, dass nur Essen aus der Hotelküche serviert werden durfte. Egal … was Phelps nicht wusste … „Kein Problem“, sagte Bryan.
„Großartig. Treffen wir uns morgen Nachmittag gegen drei im Hotel.“
„Ich freue mich.“ Noch immer lächelnd legte Bryan den Hörer auf.
„Lass während der Arbeitszeit bloß die Finger von den Dating-Hotlines, Kumpel!“
Bryan blickte auf und unterdrückte ein Stöhnen, als er seinen besten Freund in sein Büro schlendern sah. Zephyr war ein typischer Snowboarder, und mit seinen blonden Dreadlocks und in Cargopants hob er sich bedenklich von den blasslilafarbenen Wänden und den eleganten Kirschholzmöbeln ab. „Ich habe mit einer Kundin gesprochen“, sagte Bryan.
„Die muss ziemlich sexy sein, deinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen.“ Zephyr setzte sich auf eine Ecke von Bryans Schreibtisch und schob einen Notizklotz beiseite, um sich Platz zu verschaffen. „Jeder Job hat wohl seine Vorteile, selbst dieser.“
„Ja, ein geregeltes Einkommen zum Beispiel.“
Zephyr schnaubte verächtlich. „Dafür bin ich nicht der Typ. Wo bleibt da das Abenteuer?“
„Du hast ja eine Freundin, die dich aushält.“ Zephyrs Freundin Trish führte einen gutgehenden Coffeeshop auf der Elk Avenue.
„Hey, ich leiste auch meinen Teil. Außerdembraucht Trish es, sich um jemanden zu kümmern“, sagte Zephyr.
Bryan grinste.<