1. KAPITEL
Tyler war nicht der einzige Mann, der sie beobachtete. Unter normalen Umständen hätte er ihren Anblick durchaus genossen. Doch er war nur hier, weil ihm leider keine andere Wahl blieb.
Diese Tatsache dämpfte sein Vergnügen gewaltig.
Bunte Lichtpunkte huschten über die Tanzfläche, als sie sich zur Seite bewegte und ihre Hüften sinnlich kreisen ließ. Ihr Körper war die reinste Versuchung: groß, schlank, Rundungen an den richtigen Stellen und makellose, sonnengebräunte Haut. Als sie die nackten Arme über den Kopf hob, rutschte der Saum ihres silbernen Minikleids nach oben und gab einige zusätzliche Zentimeter der schier endlos langen Beine frei, die in weißen, kniehohen Stiefeln steckten. Mit der blonden Pagenkopfperücke, die sie trug, um ihr auffälliges Haar zu verstecken, den dunkel geschminkten Augen und den rubinrot betonten Lippen könnte sie als Tänzerin auf einer Bühne sicher ein Vermögen verdienen.
Dem Spaß nach zu urteilen, den es ihr offenbar machte, potenzielle Tanzpartner abzuwehren, würde sie das vermutlich sogar genießen. Obwohl sie sich im Zentrum von so viel männlicher Aufmerksamkeit anscheinend sehr wohl fühlte, stach sie für seinen Geschmack unter den anderen Tänzern zu deutlich hervor. Ihr Glück, dass sie bis jetzt noch niemand erkannt hatte. Aber auf Glück konnte man nicht ewig bauen.
Ohne Vorwarnung sah sie ihn direkt an. Hatte sie etwa die ganze Zeit gewusst, dass er dort stand? Das konnte nicht sein. Sie blickte ihm weiter tief in die Augen. Fast hatte er das Gefühl, dass sie dadurch einen Funken entzündete, denn plötzlich flammte Hitze in ihm auf. Er weigerte sich, das als natürliche Reaktion eines Mannes auf eine attraktive Frau zu akzeptieren. Gespannt wartete er, was sie als Nächstes tun würde.
Sie leckte sich über die glänzenden Lippen und warf ihm ein träges, sinnliches Lächeln zu. Diese stille Anmache hätte ihn vielleicht auf die Tanzfläche gelockt, wenn er schon jemals in seinem Leben getanzt hätte. Aber selbst dann gehörte er nicht zu den Männern, die sofort angelaufen kamen, sobald sich eine Frau das wünschte. Wenn sie mit ihm reden wollte, konnte sie zu ihm kommen.
Er war sich sicher, dass sie unglaublich erfreut sein würde, wenn sie herausfand, mit wem sie da flirtete.
Als ihre Freundin ihr etwas ins Ohr brüllte, lachte sie und drehte sich weg. Einen Augenblick später warf sie ihm über ihre Schulter erneut ein Lächeln zu und wiegte sich zur Musik, um seinen Blick auf ihren sexy Po zu lenken.
Tyler zwang sich wegzusehen. Man musste kein Genie sein, um zu merken, dass sie eine Menge Schwierigkeiten machen würde. Aberdas hatte er schließlich schon gewusst, bevor er sie überhaupt das erste Mal gesehen hatte.
Er nahm einen großen Schluck aus seiner Bierflasche und verzog angewidert das Gesicht. „Light“ war einfach nicht sein Stil, und im Zusammenhang mit Bier sowieso nicht.
Obwohl sein Körper quasi drängte, sie erneut zu beobachten, zwang Tyler sich, woanders hinzusehen. Selbst im Dienst wurde er nicht dafür bezahlt, jede ihrer Bewegungen zu verfolgen. Er musste sich auf die Umgebung konzentrieren: den Raum nach potenziellen Gefahren absuchen und die Menge beobachten. Sich von ihr angezogen zu fühlen, war ein Problem, das er ganz bestimmt nicht brauchte. Besonders nachdem es seit einiger Zeit in seinem Leben vor Problemen nur so wimmelte.
Früher hatte er mehr Kontrolle über sein Leben gehabt. Was war nur schiefgelaufen?
Da führte man einmal zu oft eine freundliche Unterhaltung mit einer zwielichtigen Gestalt, und schon hieß es „Innendienst“ und „vorübergehende Beurlaubung“. Gut, die Tatsache, dass er wenig Einsicht bewiesen hatte, mochte auch etwas damit zu tun haben. Trotzdem verstand er nicht, warum zu seiner Strafe auch noch Babysitting gehörte.
Obwohl er ihr durchaus hätte geben können, wonach sie offenbar suchte, dachte er nicht im Mindesten daran. Er hatte Besseres und vor allem Wichtigeres zu tun, als sich mit einer verwöhnten reichen Frau zu amüsieren, die ihrem langweiligen Leben etwas mehr Spannung verleihen wollte.
Gerade als die Musik unter den begeisterten Rufen der Menge in einen schnelleren Rhythmus wechselte, fiel sein Blick auf ein bekanntes Gesicht. Sofort war Tyler alarmiert und suchte schnell den Rest des Raumes ab. Dabei entdeckte er zwei mögliche Kandidaten und ein weiteres bekanntes Gesicht.
Er musste sie hier rausbringen.
Rasch stellte er seine Fla