1. KAPITEL
Leigh drückte vor sich eine Kuhle in die Daunendecke ihres Hotelbettes, legte eine Serviette hinein und ein schon geöffnetes Glas Erdnussbutter samt Löffel. Tief tunkte sie den Löffel in das Glas. Kaum breitete sich der süße Geschmack auf ihrer Zunge aus, verblasste ihre Angst, und für einen Moment waren all ihre Sorgen vergessen.
Im Fernsehen nahmen gerade zwei Moderatorinnen den Kleidungsstil eines jungen Sternchens auseinander. Leigh sah neugierig zu, während sie, ohne einen Gedanken an die Kalorien zu verschwenden, erneut den Löffel in das Glas tauchte und sauber ableckte. Was die Presse wohl dazu sagen würde?
„Also, Leigh Bailey mag Hollywoods letztes anständiges Mädchen sein, aber was glaubst du? Wird sie in Weiß heiraten?“
Ein alberndes Lachen der zweiten Frau, dann: „Keine Skandale bisher, aber jetzt? Immerhin wird sie einen Musiker heiraten.“
Ihr Handy läutete, es war der Klingelton, den sie für ihre Mutter gewählt hatte und sogleich wieder Panik in ihr weckte und den magischen Bann der Erdnussbutter durchbrach. Sie schälte sich aus dem Wirrwarr der Decke, tappte zur Kommode und nahm das Handy. „Hi, Ma.“
„Leigh, wo bist du?“
„Im Bett, esse Erdnussbutter und sehe mir Klatschsendungen im Fernsehen an.“
„Schätzchen.“ Ihre Mutter seufzte. „Die Schneiderin ist bereits in der Suite, es ist halb neun. Und du solltest nicht so einen Müll essen, kurz bevor die halbe Stadt dich in maßgeschneiderte Seide gehüllt sieht.“
Jetzt war es an Leigh zu seufzen. Sie drehte sich zum Fernseher um, gerade in dem Moment, als ein Bild von ihr im Bikini eingeblendet wurde.
„Diese Fotos …“, sagte die Moderatorin.
„Sie sah nie besser aus“, fügte ihre Kollegin hinzu.
Leigh lächelte trocken.Großartig. Zwei Wochen lang hatte ein ekelhafter Virus sie damals quasi ans Bad gefesselt, aber sie hatte nie besser ausgesehen … Sehnsüchtig beäugte sie die Erdnussbutter.
„Leigh?“
„Ja?“
„Wie lange noch, Schätzchen?“
„Ich komme schon. Nur noch duschen“, sagte sie resigniert.
„Das ist keine Premiere, Leigh Bailey. Es ist deine Hochzeit.“
„Der Tag, an dem ich Flip-Flops und ein Sommerkleid tragen sollte, im Garten meiner Oma“, sagte Leigh frustriert. „Ich wollte ein Barbecue. Ich wollte dich und Dad und Cody da haben und Dans Familie. Keine achthundert Leute, die ich kaum kenne, auf irgendeinem riesigen Anwesen.“ Lustig, wie sich in nur sechs Monaten die Gäste vermehrt hatten, eine andere Lokalität gewählt wurde, das Budget explodiert war und Leighs großer Tag von einer Grillparty zu einem riesigen Zirkus geworden war.
„So läuft das nun mal nicht, wenn man ein Star ist, Schätzchen“, fuhr die Direktorin dieses Zirkus fort.
„Ich bin kein Star, Ma. Ich bin nur ein Mädchen, das ständig in irgendwelchen Magazinen erscheint. Ich habe seit zwei Jahren keinen Film gedreht.“
„Darum geht es heutzutage aber nicht mehr.“
Gedankenverloren betrachtete Leigh die Erdnussbutter.
„Leigh?“
„’Tschuldigung, was?“
„Ich sagte, dubist ein Star. Ich weiß, dass du alles lieber etwas schlichter gehabt hättest, aber denk an Dan. Er möchte es so.“
„Anfangs wollte er das nicht.“ Ein flaues Gefühl breitete sich in ihrem Magen aus.Jetzt wollte Dan es, den ganzen Zirkus. Manchmal fragte sie sich, welche Frau ihr Verlobter in ihr sah – die aus dem Fernsehen, über deren Kleidung und Taillenweite diskutiert wurde, oder die, die im Pyjama Erdnussbutter aß. Dan war ein Anker für sie gewesen, der sie inmitten des ganzen Chaos am Boden gehalten hatte,