1. KAPITEL
Viereinhalb Jahre später
Drei Tage nach der Beisetzung von Fürst Julian Edward William Santiago und Fürstin Catherine Mary Santiago versuchte Rowan immer noch zu begreifen, weshalb sein Bruder und seine Schwägerin sterben mussten. Und nun das.
Rowan sah von dem offiziellen Dokument auf dem Schreibtisch auf und blickte zu seinem Bruder Marcus. „Was haben sie sich nur dabei gedacht?“
„Wahrscheinlich haben sie geglaubt, dass ihre Kinder bei dir in den besten Händen sind. Sie hätten wohl aber nie damit gerechnet, bei einer Explosion auf ihrer Jacht ums Leben zu kommen.“
Eigentlich war der Aufenthalt auf der Jacht als Familienausflug geplant gewesen. Doch da Alexandria und Damon mit Fieber im Bett lagen und Christian sich auch noch von einer Grippe erholte, war das Kindermädchen mit ihnen zu Hause geblieben. Das Fürstenpaar hatte beschlossen, wenigstens ein paar romantische Stunden zu zweit auf der Jacht zu verbringen, wenn der Ausflug schon ausfallen musste.
Rowan starrte erneut auf das Schreiben, das ihm das Sorgerecht für die Kinder übertrug. Seine Schwägerin und sein Bruder hatten dieses Dokument mit seinem Einverständnis erstellen lassen. Aber er hätte aber niemals gedacht, dass dieser Fall tatsächlich eintreten könnte. Nun waren Julians Kinder unter seiner Obhut, womit die Zukunft des Fürstentums in seinen Händen lag.
„Ich weiß, dass du nicht erwartet hast, jemals in diese Situation zu geraten“, sagte Marcus. „Wirst du damit zurechtkommen?“
„Irgendjemand muss sich ja um die Verpflichtungen kümmern, bis Christian alt genug ist, um das Fürstentum zu regieren. Ob ich damit zurechtkomme?“ Rowan schüttelte den Kopf und sah zu einem Foto auf dem Schreibtisch. Es zeigte seinen ältesten Bruder und seine Schwägerin mit den Kindern. Sie sahen glücklich aus – und das nach fünfzehn Jahren Ehe. Wie konnte das Schicksal bloß so erbarmungslos zuschlagen?
Marcus stand auf und nahm das Foto in die Hände. „Die gesamte Familie hat in letzter Zeit viel durchgemacht. Ich werde noch etwas hierbleiben, um dich zu unterstützen, bevor ich nach Harvard zurückgehe.“
„Auch Eric hat mir seine Hilfe angeboten. Und dafür bin ich euch wirklich dankbar. Ich möchte aber nicht, dass ihr eure Pflichten vernachlässigt.“
„Das tust du doch auch.“
Rowan tat das, was er für seine Pflicht hielt. Er war sich sicher, dass seine Brüder sich genauso verhalten hätten, wenn sie in seiner Lage gewesen wären.
Die Familie Santiago lenkte schon seit Langem die Geschicke des Landes und genoss großes Vertrauen bei der Bevölkerung. Rowan wusste, dass sie ihn ebenso als Fürsten akzeptieren würden wie Julian. Er war sehr bewegt gewesen, als die ganze Insel auf den Beinen gewesen war, um dem Fürstenpaar das letzte Geleit zu geben.
Auch wenn er nicht darauf brannte, das Land zu regieren, sah er doch ein, dass es seine Pflicht war. Und er würde sie mit Stolz erfüllen, um seinem verstorbenen Bruder Respekt zu zollen und das Land in eine sichere Zukunft zu führen.
„Ich habe weniger Angst, das Land zu regieren, als mich um die Kinder zu kümmern.“ Rowan war sich der Verantwortung bewusst, die ihm sein Bruder übertragen hatte. Da er aber die letzten Jahre in London verbracht hatte, war sein Verhältnis zu den Kindern nicht sehr eng. Außerdem kannte er sich nicht mit der Erziehung von Kindern aus.
Mit Christian würde er noch zurechtkommen. Der Junge war zwölf und sehr vernünftig, auch wenn ihm bewusst war, dass er bald der Herrscher des Fürstentums wäre.
Alexandria war acht und konnte sehr rebellisch sein.
Damon war so etwas wie der kleine Wirbelwind in der Familie. Der Vierjährige konnte einen zum Wahnsinn treiben, das wusste Rowan sehr genau.
„Die Kinder haben ein Kindermädchen, das sich die ganze Zeit um sie kümmert“, erinnerte Marcus ihn.
Rowan nickte. „Auch was das Kinder