1. KAPITEL
Im Konferenzraum des gigantischen Schifffahrtsunternehmens lehnte sich Alexei Christou in seinem Chefsessel zurück und schloss genießerisch die Augen, während die schöne Brünette sich kniend an seiner Hose zu schaffen machte.
Ein Stöhnen kam über seine Lippen, und er gab sich den Wonnen hin, die ihm die eifrige junge Frau bescherte. Just in diesem Moment klingelte das Telefon. Ungläubig presste er die Lippen zusammen und versuchte, das Geräusch zu ignorieren. Doch vergeblich.
„Was zum Teufel gibt es?“, rief er erbost in den Hörer. „Hatte ich nicht klar und deutlich gesagt, dass ichunter keinen Umständen gestört werden will?!“
Am anderen Ende hüstelte sein Assistent nervös. „Verzeihen Sie,Kyrios Christou, aber in diesem Fall dachte ich …“
„Was?“, zischte Alexei ungehalten.
„Ich habe … Ihre Frau in der Leitung.“
Einen Moment herrschte Schweigen.
„MeineFrau?“, wiederholte Alexei, und die Brünette hob erschrocken den Kopf.
„Ja, Kyrios, was soll ich ihr sagen?“
Dass er sie für eine herzlose untreue Hexe hielt? Dass sie der größte Fehler war, den er in seinem Leben gemacht hatte, und dass er sich diesen Fehler nie verzeihen würde.
Alexeis Augen verengten sich. Sicher bezog sich dieser Anruf auf den Brief, den er aus England erhalten hatte, und daher kam er nicht gänzlich unerwartet. Dennoch war es erstaunlich, nach sieben Jahren überhaupt noch einmal von ihr zu hören. Von der Frau, die Alexeis Herz und seine Seele zerrissen hatte. Der Frau, die ihn erst umgarnt und dann schamlos betrogen hatte. Jetzt war Alexeis Aufmerksamkeit voll da.
Er gab der Brünetten ein Zeichen innezuhalten. Nur einen Moment. Sich bei einem solchen Gespräch von den schönen Dingen des Lebens ablenken zu lassen, wäre nicht klug. Andererseits war es sicher eine gelungene Rache, wenn sie mitbekäme, was er tat. Oder würde es ihr gar nichts mehr ausmachen?
Doch Alexei widerstand der Versuchung. Nicht ohne Grund entsagten erfolgreiche Schlachtherren vor dem Kampf der Liebe. Sex schwächte selbst die stärksten Männer, und Alexei gestand sich keine Schwächen zu. Nicht mehr, seit ihn die Betrügerin, die er einst seine Frau genannt hatte, wegen eines anderen verlassen hatte.
„Stell sie durch“, sagte er.
In ihrem kleinen Londoner Apartment wartete Victoria darauf, mit Alexei verbunden zu werden. Nervös spielte sie mit der Telefonschnur. Mit jeder Sekunde fühlte sie sich unbehaglicher. Sie hasste das alles, aber vielleicht war sie ihm gegenüber ja inzwischen immun. Immun gegenüber seiner männlichen Ausstrahlung und seinen unrealistischen Ansichten über sie als seine Ehefrau. Seine Frau war sie sowieso nur noch dem Namen nach, und auch das war hoffentlich bald vorbei. Sie wollte sich aus dem goldenen Käfig der Ehe mit dem grandiosen Griechen befreien. Alexeis Meinung war nicht länger von Bedeutung. Von nun an sollte er keine Rolle mehr in ihrem Leben spielen.
Bleib einfach bei den Fakten, ermahnte sie sich und starrte auf den immer größer werdenden Packen Rechnungen. Stell deine Forderungen, sag klar und deutlich, was du willst, und mach dem Ganzen rasch ein Ende. Ihr Verstand war ruhig und kühl, doch ihr verräterisches Herz schlug schneller, und unwillkürlich brach ihr der Schweiß aus.
Endlich hörte sie ein Klicken in der Leitung und dann seine kalte Stimme. „Ja?“ Eine vertraute gefährliche Stimme, die einst ihre Haut zum Kribbeln und ihren Puls zum Rasen gebracht hatte. Immun? Victoria schluckte. Von wegen.
„Hallo, Alexei.“
Beim Klang ihrer weichen englischen Stimme funkelten seine schwarzen Augen. Er versuchte, seiner Stimme den neutralen Ton zu verleihen, den er jedem beliebigen Gegner entgegenbrachte. Doch es fiel ihm schwer. „Du bist es also. Was willst du?“
Kein ‚Hallo, Victoria, wie geht es dir?‘. Nicht einmal der Versuch einer höflichen Begrüßung nach den Beschimpfungen, die er ihr bei der letzten Begegnung an den Kopf geworfen hatte … Ganz gewiss würde er es ihr nicht leicht machen. Sie musste mit einem harten Kampf rechnen. Energisch straffte Victoria die schmalen Schultern.
„Ich … ich muss mit dir sprechen.“
„Wie faszinierend.“ Das klang gefährlich leise. „Worüber möchten Madame denn mit mir sprechen, wenn ich fragen darf?“
Victoria schloss die Augen und dachte an die Worte ihrer Anwältin.
Wenn Sie eine glatte Abwicklung der Scheidung wünschen, sollten Sie vorsichtig vorgehen, Mrs Christou. Ihr Mann hat die Oberhand, nicht weil er im Recht ist, sondern weil er wohlhabend ist. Sehr wohlhabend.
Natürlich war er reich. Und reiche Männer gewannen immer, denn sie konnten die besten Anwälte bezahlen und sich einen langen Atem leisten. Victoria wollte keine Schlammschlacht um jeden Preis, sondern einfach nur ihr Recht. Als seine Frau hatte sie bei der Scheidung ein Recht auf Unterhalt oder eine Abfindung. Also musste sie vorsichtig sein …
Sie zwang sich, die Augen wieder zu öffnen, und sah aus dem Fenster. Immerhin war sie weit genug entfernt, um sich einzureden, sie spreche nur mit einem Anrufbeantworter und nicht mit dem c