: Margaret Moore
: DER GEHEIMNISVOLLE GAST
: Cora Verlag
: 9783954467754
: Historical
: 1
: CHF 4.00
:
: Historische Romane und Erzählungen
: German
: 256
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB

Es ziemt sich nicht für eine Dame, einen unbekannten Mann mit ins Haus zu nehmen! Grace denkt es sofort, als sie einen geheimnisvollen Fremden reglos im Straßengraben findet. Aber weil ihr Herz sie so drängt, nimmt sie ihn als Gast auf - ohne zu ahnen, dass es sich bei ihm um den berüchtigten Verführer Elliot handelt ...



<p>Margaret Moore ist ein echtes Multitalent. Sie versuchte sich u.a. als Synchronschwimmerin, als Bogenschützin und lernte fechten und tanzen, bevor sie schließlich zum Schreiben kam. Seitdem hat sie zahlreiche Auszeichnungen für ihre gefühlvollen historischen Romane erhalten, die überwiegend im Mittelalter spielen und in viele Sprachen übersetzt wurden. Sie lebt mit ihrem Mann, mit dem sie seit über 20 Jahren verheiratet ist, ihrer Familie und zwei Katzen in Toronto, Kanada.</p>

1. KAPITEL


Lincolnshire, April 1868

Oh, Miss Barton, wie reizend, Sie zu sehen! Ist es nicht einfach schrecklich?“, fragte Myrtle aufgeregt.

Grace lächelte matt, drehte sich um und schaute Miss Hurley und deren schweigsame Zwillingsschwester Ethel an, die ihr den Weg verstellten. Die betagten Damen trugen die gleichen Kleider aus schwarzem Grenadine, graue Wollmäntel, abgestoßene Muffs, die offenbar schon seit sechzig Jahren in ihrem Besitz waren, und passende Schuten. Auch das volle weiße Haar war auf die gleiche Weise frisiert. Auf einen Fremden musste sie wie die doppelte Ausgabe ein und derselben reizenden älteren Frau wirken.

Leider wusste Grace aus langer Erfahrung, dass weder der frische, über die Niederungen wehende Wind, der an ihrem dünnen Wollmantel und Rock zerrte, noch der Gestank des nahe gelegenen Fischgeschäftes die beiden Frauen bewegen konnte, ihr die Straße freizugeben, bis sie ihr gesagt hatten, was ihnen auf den Zungen brannte.

„Guten Tag“, erwiderte sie gelassen und fragte sich, welchen Klatsch die beiden ihr heute berichten würden.

„Guten Tag“, sagte Myrtle.

Sie war fünf Minuten älter als ihre Schwester und sprach immer, als sei sie außer Atem. Sie lächelte stets, gleich, wie schrecklich die Geschichte war, die sie verbreiten wollte, oder wie scharf die von ihr geäußerte Kritik ausfiel. Grace war der Meinung, dass die ledigen Damen auf diese Weise vermieden, selbst Kritik einstecken zu müssen. Falls irgendjemand, der nicht wie die Sittsamkeit in Person aussah, die Dinge weitererzählt und dieselben Geheimnisse verraten hätte wie die Zwillingsschwestern, hätten sie ihn bestimmt gemieden.

„Es ist einfach zu bekümmernd“, sagte Myrtle, „zwar nicht für uns, aber für sehr viele andere Leute!“

„Was ist geschehen?“, wollte Grace in gleichgültigem Ton wissen.

Sie nahm den Korb in die linke Hand, einerseits, weil sie ungeduldig war, andererseits, weil Miss Ethel Hurley versuchte hineinzusehen. Grace wollte jedoch nicht, dass Miss Hurley bemerkte, was darin war. Es ging sie nichts an, dass der von Grace erstandene Fisch der preiswerteste war, den sie hatte auftreiben können.

„Es geht um die Pachten!“, erklärte Myrtle wichtigtuerisch. „Sir Donald erhöht sie, das ist ganz sicher. Das habe ich vor noch nicht zwei Stunden von Mrs Banks gehört.“

Grace schluckte. Sir Donald Franklin war nicht nur der Eigentümer des größten Landsitzes in der Gegend, ihm gehörte auch d