1. KAPITEL
Valeria Arnolds Entschluss stand fest: Wenn es zum Beischlaf kommen sollte, dann jedenfalls nicht auf ihrem Heuboden. Missbilligend beobachtete sie ihre Magd Sukey, wie diese die Verschnürung ihres Mieders lockerte, um noch mehr von ihrem üppigen Busen zu enthüllen. Als sie sich dann mit wiegenden Hüften zur Scheune begab, war Valeria klar, was ihre Magd beabsichtigte. Sie bereitete sich auf ein Stelldichein mit ihrem Liebsten vor.
Wie konnte sie, Valeria, dieses intime Treffen verhindern?
Sie war nach ihrem täglichen Morgenritt zum Tee zurückgekehrt und hatte dabei Sukey bemerkt. Das Mädchen hatte sich nach einem verstohlenen Blick, mit dem sie wohl sichergehen wollte, dass niemand sie sah, die Ärmel von den Schultern gezogen und war aus der Küchentür geeilt. Nachdem das Mädchen nun außer Sicht- und Rufweite war, musste Valeria ihm folgen, falls sie wirklich etwas unternehmen wollte.
Wenn man etwas Unangenehmes tun musste, sollte man es rasch hinter sich bringen.
Sie legte ihre Reitgerte beiseite, hob das Kinn und eilte zur Tür. Im letzten Augenblick blieb sie einen Moment stehen und nahm einen kräftigen Spazierstock aus dem Ständer neben dem Schrank. Falls auch ein strenges Auftreten nicht ausreichen sollte, den feurigen Burschen, der dort auf Sukey wartete, an seinem Vorhaben zu hindern, musste sie eben zu anderen Mitteln greifen.
Beinahe hätte sie der Mut verlassen, als sie die Scheune erreichte. Deutlich hörte sie Sukeys helles Kichern, das immer wieder von Rascheln und dem gedämpften Murmeln einer tiefen Männerstimme unterbrochen wurde. Valeria holte tief Luft und wischte sich nervös die Handflächen an dem Wollrock ihres Reitkostüms ab.
Das Beste war wohl, wenn sie einen Warnruf ausstieß. Sie konnte die beiden nicht einfach ohne Vorankündigung überraschen – womit auch immer sie beschäftigt sein mochten. Dieser Gedanke brachte ihre Wangen zum Glühen. Einen unbekleideten Mann zu sehen, der sich nicht im letzten Stadium einer tödlichen Krankheit befand, war eine Vorstellung, die sie aufwühlte.
Unsinn, ermahnte sie sich und legte ihre kühlen Hände auf die erhitzten Wangen. Eine ehrbare Witwe sollte sich nicht mit solchen Gedanken beschäftigen. Vor allem dann nicht, wenn es in diesem abgelegenen Winkel Yorkshires so wenig Gelegenheit gab, sie in die Tat umzusetzen …
Sie zog das Scheunentor einen Spaltbreit auf. „Sukey Mae? Die Köchin braucht dich sofort in der Küche!“
Als Valeria einen leisen Schrei des Entsetzens und ein wildes Rascheln vernahm, trat sie ein.
Sie sah Sukey, die eilig ihre entblößten Brüste zu bedecken versuchte, während ihre Röcke noch immer nach oben geschoben waren und so einen weißen Unterrock enthüllten. Dann wanderte Valerias Blick zu dem Mann, der neben Sukey stand, und sie hielt verblüfft inne.
Goldblondes Haar schimmerte in der frühen Morgensonne, und der Mann mit dem wohlgeformten Körper, der sich nun gemächlich zu seiner eindrucksvollen Größe erhob, war gewiss kein gewöhnlicher Bauernjunge, wie Valeria es erwartet hatte. Er musterte sie von Kopf bis Fuß mit einem Blick, der halb verärgert, halb belustigt wirkte. Jetzt verzogen sich die fein geschwungenen Lippen zu einem Lächeln.
„Eineménage à trois? Ich hätte nicht geglaubt, ein solches Vergnügen in Yorkshires Einöde zu finden.“
Er formulierte sorgfältig, was auf eine Ausbildung in Oxford schließen ließ. Und sein zum Teil aufgeknöpftes Hemd aus feinstem Leinen, das seidene Halstuch, das ins Heu geworfen worden war, und die elegante Hose verrieten ihre Herkunft aus der Bond Street.
Das Lächeln des Fremden vertiefte sich, denn Valeria blickte ihn staunend an, was sie selbst erst nach einer Weile bemerkte. Ein solcher Mann war hier an einem derart abgelegenen Ort Englands und wirkte genauso fehl am Platz wie