1. KAPITEL
Pepe Mastrangelo nahm sich noch ein Glas Rotwein vom Tablett der Bedienung und stürzte es in einem einzigen Zug herunter. Tante Carlotta, die ihn seit der Ankunft auf dem Anwesen der Familie auf Schritt und Tritt verfolgte, redete pausenlos auf ihn ein. Es ging mal wieder um ihr Lieblingsthema: Wann würde Pepe endlich dem Beispiel seines älteren Bruders folgen, heiraten und eigenebambini in die Welt setzen?
Der gesamte Clan der Mastrangelos glaubte offenbar, sich in Pepes Privatleben einmischen zu dürfen. Auch die Familie seiner Mutter, der Clan der Lombardis, hielt dies für ihr gutes Recht. Natürlich meinten sie es nur gut, und normalerweise hatte er auch immer eine passende Antwort parat, nach dem Motto, es gäbe so viele wunderschöne Frauen auf der Welt, warum sollte er sich mit einer einzigen begnügen? Nein, Pepe dachte nicht im Traum daran, zu heiraten! Das war etwas für Masochisten und Idioten.
Wobei – als er noch jung und naiv gewesen war, hätte Pepe beinahe seine Jugendliebe geheiratet. Die Frau, die ihm dann das Herz herausgerissen und fein säuberlich in kleine Fetzen gerissen hatte …
Im Nachhinein war er fast froh darüber, noch mal mit einem blauen Auge davongekommen zu sein. Er hatte seine Lektion gelernt und würde sich nie wieder auf das Abenteuer Ehe einlassen!
Pepe war klug genug, diese Episode seiner Jugend für sich zu behalten. Womöglich würde ihn die Familie sonst erst recht dazu drängen, zu heiraten. Oder – noch schlimmer – sich einem Psychotherapeuten anzuvertrauen.
Warum musste er sich ausgerechnet heute den unangenehmen Fragen seiner Verwandtschaft stellen? Um seine Schlagfertigkeit war es gerade schlecht bestellt, denn er war abgelenkt. Verächtliche Blicke aus grünen Mandelaugen folgten ihm, wohin er auch ging.
Cara Delaney.
Cara und er hatten die Patenschaft für seine Nichte übernommen. Er war gezwungen gewesen, in der Kirche neben Cara zu sitzen und Seite an Seite mit ihr am Taufbecken zu stehen.
Seltsam, er hatte völlig vergessen, wie bildhübsch sie war – die großen, ausdrucksvollen grünen Augen, die Stupsnase, die herzförmigen Lippen – zum Anbeißen. Und dieses flammend rote Haar, das ihr fast bis zur Taille reichte … Das rote Samtkleid, für das Cara sich heute entschieden hatte, brachte ihre Kurven hervorragend zur Geltung. Sie sah unwiderstehlich sexy aus. Unter anderen Umständen hätte er es genossen, den Tag mit ihr zu verbringen, zu flirten, ihr Drinks zu besorgen …
Ob sie ihn noch einmal in ihr Bett lassen würde?
Bisher hatte er kein Problem damit gehabt, eine Exgeliebte wiederzusehen. Er spürte sofort, wenn eine Frau es auf Heirat und Babys abgesehen hatte und machte dann lieber einen großen Bogen um sie. Seine Exfreundinnen gehörten nicht in diese Schublade, deswegen war ein Wiedersehen mit ihnen normalerweise keine große Sache.
Normalerweise stahl Pepe sich aber auch nicht heimlich aus der Hotelsuite, nachdem er mit einer Geliebten geschlafen hatte. Und normalerweise ließ er auch nicht einfach das Handy einer Geliebten mit sich gehen …
Seit das Datum für die Taufe feststand, wusste er, dass er Cara wiedersehen würde. Schließlich war sie die beste Freundin seiner Schwägerin und Taufpatin der kleinen Lily.
Natürlich hatte er nicht damit gerechnet, dass sie ihn strahlend begrüßen würde, aber diese abgrundtiefe Verachtung fand er doch etwas übertrieben. Hatte er die wirklich verdient?
Frustriert stellte er fest, dass er frühestens in einer Stunde aufbrechen konnte. Unnötig lange auf dem Flughafen wollte er sich nämlich auch nicht aufhalten. Morgen würde ihn die Besichtigung eines Weinguts an der Loire ablenken. Er hatte gerüchteweise gehört, es sollte verkauft werden. Wenn es genug Profit abwarf, wollte er es gern erwerben – bevor es offiziell auf den Mar