1. KAPITEL
Gute Taten bestraft der liebe Gott sofort.
Kira fragte sich, wann sie das endlich kapieren würde.
Bei ihrem Glück vermutlich nie.
Sie saß im Büro des Ölmilliardärs Quinn Sullivan und war viel zu nervös, um sich auf die Zeitschrift in ihren Händen zu konzentrieren. Wahrscheinlich hatte er sowieso keine Zeit für sie, schließlich gehörte sie zu der Familie, die er aus reiner Rachsucht vernichten wollte.
Dieser furchtbare, arrogante Mann.
Falls er ihr aber doch eine Audienz gewährte – wie in aller Welt sollte sie ihn nur von seinem Vorhaben abbringen, das Familienunternehmen Murray Oil zu zerstören und ihre Schwester Jaycee zu einer Heirat zu zwingen?
Kira ballte die Hände zu Fäusten, öffnete sie wieder und setzte sich dann darauf. Hohe Absätze klackten über den Marmorboden, und sie blickte erschrocken auf.
„Miss Murray, es tut mir so leid“, sagte die Sekretärin. „Ich hatte mich geirrt. Mr Sullivan ist doch noch im Haus. Er erwartet sie.“
„Im Ernst?“, krächzte Kira.Jetzt gleich?
Die Sekretärin schenkte ihr ein strahlendes Lächeln. Kiras Mund wurde trocken. Sie begann sogar, etwas zu zittern, und sprang so hastig auf, dass die Zeitschrift auf den Boden fiel.
Insgeheim hatte sie gehofft, dass Quinn sich einfach weigern würde, sie zu empfangen. Ziemlich kindisch, wenn man bedachte, dass sie nur gekommen war, um ihm gehörig die Meinung zu sagen.
Einmal war sie ihm bereits über den Weg gelaufen – kurz nachdem er seine Absicht geäußert hatte, eine Murray-Tochter zu heiraten, um die Übernahme von Murray Oil weniger feindlich aussehen zu lassen. Ihr Vater hatte ihm daraufhin Jaycee ans Herz gelegt, vermutlich weil sie die Fügsamere seiner Töchter war. Und tatsächlich hatte Jaycee wie immer dem Wunsch ihres Vaters entsprochen. Kurz darauf war Quinn zum Dinner auf der Ranch eingeladen worden, um das Geschäft zu besiegeln.
Er kam zu spät. Ein so wohlhabender und arroganter Mann wie er lebte eben nach seinem eigenen Zeitplan.
Kira selbst war pünktlich erschienen, allerdings nicht passend gekleidet – was ihr einen unfreundlichen Kommentar von ihrer Mutter einbrachte.
„Jeans und ein zerrissenes Hemd? Das scheint mir kaum angebracht für ein Essen mit dem Mann, der so wichtig ist für das Wohl unserer Familie.“
Doch Kira hatte einfach keine Zeit mehr gehabt, sich umzuziehen. In dem Restaurant ihrer besten Freundin, in dem sie arbeitete, bis sie wieder eine Stelle als Kuratorin fand, war die Hölle los gewesen. Da Kiras Erklärungen bei ihrer Mutter aber ohnehin immer auf taube Ohren stießen, hatte sie beschlossen, die Jagdhunde ihres Vaters spazieren zu führen.
Die Tiere liefen nach draußen. Von der gerade untergehenden Sonne geblendet, sah sie nicht, wie der silberne Aston Martin um die Kurve schoss. Der Fahrer bremste scharf und verfehlte sie nur um wenige Zentimeter. Kira, die über die Hunde stolperte, landete in einer Pfütze.
Wild kläffend stürmten die Tiere zurück ins Haus und ließen sie mit Quinn allein. Sie rappelte sich hoch. Kaltes, schmutziges Wasser tropfte von ihrem Kinn.
Quinn stieg aus seinem teuren Wagen, kam in seinen edlen italienischen Slippern verärgert auf sie zu und betrachtete sie von Kopf bis Fuß. Dann zog er sie ungeachtet ihres verschmierten Gesichts, ihrer klappernden Zähne und der schmutzigen Kleider fest an sich.
„Sind Sie in Ordnung?“
Er war groß und hatte blaue Augen, deren Blick sie zu verbrennen schien. Seine Hände umklammerten ihre Oberarme wie Schraubstöcke. Trotz seiner offensichtlichen Verärgerung fühlte sie sich in seinen Armen wohl – viel zu wohl.
„Verdammt, ich habe Sie doch nicht angefahren, oder? Sagen Sie doch was!“
„Wie denn, wenn Sie mich so anschreien?“
Er lockerte den Griff etwas. „Dann geht es Ihnen also gut?“
Er trug ausge