1. KAPITEL
Gellende Schreie rissen Meagan Tippan aus dem Schlaf. Gerade eben noch hatte die Produzentin von „Stepping Up“, Amerikas neuer Reality-Dance-Show, tief geschlafen, und jetzt saß sie aufrecht im Bett. Ihr Herz raste.
Keine zwei Sekunden später schaltete sich das Sprinklersystem in der restaurierten viktorianischen Strandvilla ein. Unwillkürlich drückte Meagan den Rücken durch, um den eiskalten Tropfen, die ihr dünnes T-Shirt durchweichten, zu entgehen.
Brannte es tatsächlich irgendwo im Haus? Der Gedanke kam wie ein dritter Schock.
Schnell schob sie die durchnässten Laken zur Seite und hastete zur Tür. Hier im Haus gab es zwölf junge Tanztalente, die all ihre Hoffnungen in die Show setzten. Diese jungen Menschen wollten ihren Traum leben und keinen Albtraum.
Tänzer und Crew mussten unbedingt so schnell wie möglich in Sicherheit gebracht werden.
Sie ging auf den Flur hinaus und sah, wie Ginger Scott, eine der beiden Choreographen der Show, die sechs weiblichen Kandidaten die Treppe nach unten führte.
„Ist jemand verletzt?“ Meagan musste schreien, weil das prasselnde Wasser die panischen Stimmen fast übertönte.
„Nein. Nur verängstigt.“ Ginger, die für die Kandidaten wie eine Ersatzmutter war, schob sich die nasse blonde Mähne aus der Stirn.
Genau dasselbe tat Meagan gerade mit ihrem hellbraunen Haar. „Wo brennt es denn?“
„Ich habe überhaupt kein Feuer gesehen. DJ sagt, unten brennt auch nichts.“
DJ war Gingers Zwillingsbruder und trainierte die männlichen Kandidaten.
„Die Feuerwehr ist schon unterwegs.“ DJ kam die Treppe herauf. „Könnte aber alles eine elektrische Fehlschaltung sein. In so einem alten Haus kommt das vor.“
Na, fantastisch, dachte Meagan, das fehlt gerade noch. Zehn Wochen lang sind wir jetzt kreuz und quer durchs Land gefahren und haben Castings abgehalten, bis wir die zwölf Kandidaten zusammenhatten, und ständig geht irgendetwas schief.
Gerüchte über einen Fluch, der angeblich auf der Sendung lag, machten bereits die Runde.
Und jetzt hatte anscheinend noch irgendein Kurzschluss gleich in der ersten Nacht, die sie hier im Haus verbrachten, zu einem Brand geführt.
„Alles okay da oben?“, rief einer der Tänzer aus dem Erdgeschoss. „Braucht ihr Hilfe?“
„Nein! Bleibt unten“, rief Meagan zurück, wobei sie Wasser in den Mund bekam. „Hier gibt’s kein Feuer.“ Jedenfalls hatte sie noch keins gesehen, aber das behielt sie lieber für sich. Sie wollte Team und Tänzer nicht noch mehr in Panik versetzen.
„Alle nach draußen auf den Rasen, damit wir durchzählen können.“ Sie scheuchte Ginger und DJ die Treppe hinab. Je eher sie die Situation in den Griff bekamen, desto besser. Allerdings machte sie sich keine falschen Hoffnungen mehr. Absolute Kontrolle war in diesem Geschäft einfach nicht möglich. Ihre eigene Karriere als Tänzerin war durch eine Knieverletzung abrupt beendet worden, und wann immer sie in ihren 32 Jahren geglaubt hatte, Herr der Lage zu sein, war wieder etwas anderes dazwischengekommen.
Schließlich standen alle Kandidaten der Show schlotternd vor Meagan im Garten vor dem Haus. Mit ihren durchtrainierten Körpern in durchnässten T-Shirts sahen sie aus, als würden sie für irgendein Erotikmagazin posieren.
Das müssen wir rausschneiden, dachte Meagan. Sicher war der ganze Vorfall von den festinstallierten Kameras gefilmt worden, und bestimmt würde der Sender darauf bestehen, Szenen von diesem Vorfall im Rahmen der Hintergrundberichte zu senden. Schließlich waren auch alle bisherigen Missgeschicke über den Sender gegangen. Umstürzende Kulissen, Transportbusse, die mit einer Panne liegen blieben, und auch noch ein verrückter Fan, der in einer Hotellobby Feuer gelegt hatte.
Gab es tatsächlich so etwas wie einen Fluch? Das war einfach unm