1. KAPITEL
Es goss in Strömen. Der Taxifahrer hupte. Felicity stand am Eingang des Logan-Hauses und blickte in die blauen Augen und das wenig freundliche Gesicht eines großen, kräftigen Mannes.
Es war nicht nur seine Größe – alles an ihm kam ihr gewaltig vor: die breiten Schultern, die Hände, die momentan auf den festen Oberschenkeln lagen, selbst die kantigen Wangenknochen. Er wirkte wie ein energischer Mann, der keinerlei Unsinn duldete, schon gar nicht von einer problembeladenen Frau aus New York.
Als es donnerte, zuckte Felicity erschrocken zusammen. Vor Gewittern hatte sie schon immer Angst gehabt. Sie versuchte trotzdem zu lächeln. “Hallo, ich bin Felicity Chambeau.” Die Hand streckte sie ihm vorsichtshalber nicht hin, die würde er vermutlich zerdrücken. Ein alberner Gedanke, aber sie war müde, und er war so riesig.
“Sie kommen zu früh”, sagte er und musterte sie kühl.
Sicher ist er gerade mit etwas Wichtigem beschäftigt, dachte Felicity. “Ich …”, begann sie, schwieg dann aber. Auch noch zu stottern wollte sie sich ersparen. “Ich möchte Sie nicht lange stören. Vielleicht zeigen Sie mir nur mein Haus.”
“Da wohnt jetzt mein Vormann mit seiner Frau und den drei Kindern.”
Felicity blinzelte nervös. “Ach so.”
“Ich könnte sie natürlich bitten, woanders hinzuziehen.”
“Oh, nein”, versicherte sie. “Das sollten Sie nicht tun.”
Er nickte. “Sie können hier wohnen.”
Bei ihm? Felicity schluckte. Er schien davon genauso wenig erbaut zu sein wie sie. “Und Sie sind Mr Logan?”
“Brock Logan”, antwortete er und neigte leicht den Kopf. Dabei konnte Felicity eine große Narbe an seiner Wange sehen.
Brock signalisierte dem Taxifahrer, direkt vorzufahren, und der Mann lud Felicitys Koffer und Taschen aus. Felicity bezahlte. Brock schaute missmutig auf ihr Gepäck. Als er einen Schritt nach vorn machte, wich Felicity reflexartig zurück. Als sie daraufhin beide in die gleiche Richtung auswichen, stießen sie prompt zusammen, und Felicity, die leise aufschrie, stürzte beinahe. Aber Brock fing sie mit seinen kräftigen Händen auf. Ihre Gesichter waren nur Zentimeter voneinander entfernt. Felicity nahm den Geruch nach Moschus und Leder wahr. Ein eindeutig männlicher Geruch und ganz anders als der, den sie von den eleganten Männern kannte, mit denen sie sonst zu tun hatte.
Meine Güte, was für ein Anfang! dachte sie.
Brock zog sie hoch und stellte sie wieder auf die Füße. Ihr Herz klopfte wie verrückt. Seine Hände waren fest und warm, und eine Aura von Ehrgefühl und Anständigkeit umgab ihn – Eigenschaften, die man heutzutage selten fand.
“Vielen Dank”, stieß sie verlegen hervor.
Er ließ sie achselzuckend los, nahm ihre drei Koffer und ging ins Haus. “Hier entlang.”
Felicity nahm ihre Taschen und folgte ihm durch die Diele zu einer breiten Treppe mit geschwungenem Geländer. Sie schaute sich eilig um. Das Haus war geräumig, das viele Holz strahlte Wärme aus, und an der Wand hingen Porträts, die auf eine lange Familientradition hinwiesen.
“Frühstück gibt es um sechs”, verkündete Brock, “Abendessen um achtzehn Uhr, Mittagessen, wann Sie wollen. Wenn Sie sich etwas kochen, räumen Sie danach bitte alles wieder weg. Meine Haushälterin liebt es nicht, hinter anderen herzuräumen.”
Mit anderen Worten: Erwarte hier keine Luxusbehandlung, dachte Felicity, während er sie in ein kleines Zimmer führte, in dem ein Bett, eine Kommode, ein Nachtschrank und ein Schreibtisch standen.
Brock knipste die Nachttischlampe an. “Das Bad ist den Flur hinunter.”
“Ihr Haus ist sehr schön.” Felicity strich über die Kommode, die aus Kirschholz war. “Die Möbel wirken gar nicht wie vom Land.”
“Meine Vorfahren stammen aus Virginia.”
Felicity nickte. “Ihre Frau oder Ihr Innenarchitekt haben es ganz wunderbar eingerichtet.”
“Ich bin nicht verhei