: Tiffany Reisz
: Das Locken der Sirene
: MIRA Taschenbuch
: 9783862785926
: Nora Sutherlin
: 1
: CHF 7.90
:
: Gegenwartsliteratur (ab 1945)
: German
: 448
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB

'Søren nennt mich seine Sirene. Er sagt, was ich mit meinem Mund mache, kann jeden Mann vom Kurs abbringen. Sind sie nicht neugierig, was er damit meint?'
Erotikautorin Nora Sutherlin muss nicht lange recherchieren, um Stoff für ihren neuen Roman zu finden. Denn sinnliche Erfüllung ist ihr Leben. Das weiß nicht nur ihr gefährlicher Ex, von dem Nora einfach nicht die Finger lassen kann. Auch ihr verführerisch jungfräulicher Mitbewohner soll die Freuden der Lust mit ihr erfahren. Ob die berühmte Domina aber ihren Lektor fesseln kann? Vielleicht nicht nur mit Worten...



<p>Tiffany Reisz ist DIE Newcomerin der erotischen Literatur und begeistert mit ihrer Serie rund um die Erotikautorin Nora Sutherlin Leser auf der ganzen Welt. Reisz lebt zusammen mitihrem Lebensgefährten und zwei Katzen in Lexington, Kentucky. Ihr Studium der Anglistik absolvierte sie am Centre College Danville und veröffentlicht seitdem unter ihrem richtigen Namen Bondage- und SM-Romane - und das sogar zum Stolz ihrer Eltern und Professoren.</p>

1. KAPITEL

Es gab nichts, das sich mit dem Londoner Nebel vergleichen ließ – hatte es nie gegeben. Und dennoch gehörte der berühmte Londoner Nebel in das Reich der Legenden. In der Realität bestand er nämlich vor allem aus Smog, und auf dem Höhepunkt der industriellen Revolution hatte er Tausende getötet. Er hatte die Stadt mit seinen giftigen Händen erstickt. Zach Easton wusste, dass man ihn in den Büros von Royal House Publishingden Nebel von London nannte. Der abfällige Spitzname stammte von einem Lektorenkollegen, dem Zachs mürrische Art missfiel. Zach hatte nicht viel übrig für diesen Spitznamen und schon gar nicht für den Kollegen, der ihn geprägt hatte. Aber heute war er durchaus bereit, sich diesen Beinamen zu verdienen.

Es war schon nach Feierabend, aber er wusste, er würde John Paul Bonner, den Cheflektor von Royal House Publishing, noch hart arbeitend in seinem Büro antreffen. Und tatsächlich saß J. P. auf dem Fußboden, um ihn herum lauter Manuskriptstapel aufgetürmt wie ein Miniatur-Stonehenge aus Papier.

Zach blieb in der Tür zum Büro stehen und lehnte sich in den Rahmen. Er starrte seinen Cheflektor an und sagte kein Wort. Das brauchte er auch nicht, denn J. P. wusste, warum er hier war. Das wussten sie beide.

„Der Tod reitet zu mir auf dem Easton-Nebel“, sagte J. P. vom Boden, während er sich durch den nächsten Stapel Manuskripte wühlte. „Eine sehr poetische Art zu sterben. Du bist hier, um mich umzubringen, nehme ich an.“

Mit vierundsechzig Jahren, grauem Bart und Nickelbrille war J. P. die fleischgewordene Literatur. Gewöhnlich genoss Zach es, sich mit ihm auf Geplänkel und Wortspiele einzulassen. Heute war er aber nicht in der Stimmung, sich eine Retourkutsche auszudenken. Deswegen war seine Antwort auch nicht lyrisch, sondern beschränkte sich auf ein lakonisches „Ja.“

„Ja?“, wiederholte J. P. „Nur ‚ja‘? Nun, in der Kürze liegt die Würze. Sei so gut und hilf einem alten Mann vom Boden auf, ja, Easton? Wenn ich sterben soll, möchte ich dem Tod aufrecht ins Gesicht blicken.“

Seufzend betrat Zach das Büro, streckte die Hand aus und half J. P. aufzustehen. J. P. tätschelte ihm dankbar die Schulter und sank erschöpft in den Stuhl hinter seinem Schreibtisch.

„Ich bin ohnehin ein toter Mann. Kann ums Verrecken nicht diese verfluchte Druckfahne vonHamlet für John Warren finden. Die hätte ich ihm schon gestern per Post zuschicken müssen. Aber wie sagt man so schön? Glücklich ist, wer eine gute Gesundheit und ein schlechtes Gedächtnis hat. So gesehen bin ich ein sehr, sehr glücklicher Mann.“

Zach betrachtete J. P. einen Augenblick und verfluchte ihn im Stillen, weil er