1. KAPITEL
„Reicht das denn nicht schon für einen Tag?“ murmelte Elise Campbell, als sie zum zweiten Mal mit dem Schlüssel das Schlüsselloch verfehlte.
Es war der reinste Frust gewesen, zwei Stunden auf die Unterschrift des Richters unter die Verfügung zu warten. Danach hatte sie sich den ganzen Nachmittag von John Valente, dem neuen Oberhaupt der Mercado-Familie, „Puppe“ nennen lassen müssen – sie, eine erwachsene, intelligente Frau. Nachdem sie so viel Schmierigkeit erlebt hatte, war es kein Wunder, dass sie nun das dringende Bedürfnis nach einer Dusche verspürte, um innerlich Distanz zu schaffen.
Sie hielt einen dermaßen hohen Stapel Akten auf den Armen, dass sie nicht einmal den Schlüssel in ihre Zimmertür im „Mission Creek Inn“ schieben konnte. Zum Glück würde sie sich gleich in ihrem Zimmer entspannen können, weil sie wusste, dass nun aller Wahrscheinlichkeit nach nichts mehr schief gehen würde.
Während sie unbeholfen mit der Handtasche, den in Valentes Büro konfiszierten Unterlagen und einer kleinen Peperoni-Pizza jonglierte, unternahm sie den nächsten Versuch mit dem Schlüssel. Zu spät sah sie ein, dass es besser gewesen wäre, zweimal von ihrem Mietwagen zum Zimmer zu gehen, anstatt zu versuchen, alles auf einmal zu schleppen. Doch bei den hochsommerlichen Temperaturen Mitte August von über vierzig Grad hatte sie sich nur noch danach gesehnt, so schnell wie möglich in den Genuss der Klimaanlage zu kommen.
Endlich klickte es im Schloss, Elise stolperte nach drinnen, schloss die Tür mit dem Fuß und legte sämtliche Lasten auf dem Tisch ab. Ihre Arme zitterten schon von der Anstrengung. Dafür fühlte sich die kühle Luft aus dem Klimagerät auf ihrer erhitzten Haut herrlich an.
Nach diesem schrecklichen Tag verdiente sie ein entspannendes Bad, und zur Pizza wollte sie sich ein Glas Wein gönnen. Danach musste sie sich die Computerausdrucke ansehen.
Nach einem Blick auf die Verbindungsstür zum nächsten Zimmer seufzte sie tief auf. Das Schloss war kaputt. Konnte eigentlich noch irgendetwas schief gehen?
Bei der Ankunft am Morgen hatte ihr die Hotelbesitzerin die Wahl zwischen den beiden Zimmern überlassen. Daher wusste sie, dass nebenan niemand untergebracht war, was allerdings nicht bedeutete, dass es dabei blieb. Darum klemmte Elise den Stuhl unter den Türgriff, damit ein unerwünschter Eindringling zumindest aufgehalten wurde.
Zwanzig Minuten später saß sie mit einem Stück Pizza auf dem Bett und sah sich die Sechs-Uhr-Nachrichten an. Laut Wettervorhersage blieb es im südlichen Texas bis Monatsende so, wie es im Moment war – heiß wie in der Wüste.
Elise betrachtete die Sachen, die sie sich nach dem Baden angezogen hatte. Schade, dass sie bei der Arbeit nicht Shorts und ärmellose T-Shirts tragen konnte, sondern sich mit Kostümen, Strumpfhosen und Pumps abquälen musste. Zugegeben, schlichte Kostüme standen ihr, aber sie fühlte sich bei diesen Temperaturen in ihnen entsetzlich ein