1. KAPITEL
Alles lief wie am Schnürchen.
Na ja, fast alles, musste Guy Jarrod zugeben, als er den weiten gepflasterten Platz betrat, der das Herzstück des luxuriösen ResortsJarrod Ridge bildete. DasJarrod Ridge war eine der berühmtesten Ferienanlagen in Aspen, Colorado.
An diesem Morgen hatte Erica Prentice, seine erst kürzlich entdeckte Halbschwester, der Familie beim Frühstück eine schlechte Nachricht überbringen müssen, die ihm sofort den Appetit verdorben hatte. Ausgerechnet Art Lloyd, einer der Redner auf derFood and Wine Gala, hatte am Vortag wegen einer schweren Grippe absagen müssen. Ersatz für Art zu finden würde nicht einfach sein, da musste er sich etwas einfallen lassen. Doch davon abgesehen konnte es nicht besser laufen. Die Vorbereitungen für das jährliche Weinfestival waren so gut wie abgeschlossen, und unter den schneeweißen Zeltdächern rund um den Platz war schon viel los. Das Ganze bot einen beeindruckenden Anblick.
Selbst mein alter Herr würde das zugeben müssen, dachte Guy versonnen, und das Herz wurde ihm schwer. Sein Vater Don Jarrod war kürzlich verstorben, und so ganz hatte Guy sich immer noch nicht mit seinem Tod abgefunden. DasJarrod Ridge war Dons Lebenswerk, und seine Kinder hatten sich schweren Herzens bereit erklärt, es fortzuführen.
Als ihn ein großer Schatten streifte, blickte Guy hoch. Ein bunter Fesselballon glitt über ihn hinweg. Neben Gavin, einem der jüngeren Brüder, stand Erica im Korb und wies begeistert auf irgendetwas, das Guy nicht sehen konnte. Stattdessen blieb sein Blick auf dem großen weißen Zelt hängen, in dem bereits eine vorgezogene Weinauktion stattfand, deren Erlös einem wohltätigen Zweck zugutekommen sollte. Neben dem Zelt stand sein Zwillingsbruder Blake und unterhielt sich mit …
Ja, mit wem? Als die Menschenmenge sich weiterschob und kurz eine Lücke entstand, erstarrte Guy und riss die Augen auf.Das konnte doch nicht wahr sein. Jetzt waren Blake und seine Gesprächspartnerin wieder verdeckt, dann wieder zu sehen … Tatsächlich, Guy hatte sich nicht geirrt. Die Blondine mit der aufreizend weiblichen Figur war ihm nur allzu vertraut. Aber was machte sie hier, neunhundert Meilen von Kalifornien entfernt?
Als sie sich während des Gesprächs die Sonnenbrille ins Haar schob und so ihre rosige Wange sichtbar wurde, biss Guy die Zähne zusammen. Wie oft hatte er diese weiche Wange gestreichelt, hatte die vollen Lippen geküsst, bis sich die zierliche Frau an ihn gedrängt und erregt aufgestöhnt hatte!
Wie gut er sich daran erinnerte – an dieses leise, aufreizende Stöhnen