1. KAPITEL
Dr. Amber Smithson beugte sich so weit über den Tisch, dass der Kragen ihrer Seidenbluse Gefahr lief, in die Salatsoße einzutauchen. „Und?“, flüsterte sie dem Gothic Girl zu, das ihr gegenübersaß. „Was hat er gesagt?“
Lizzy ließ ihren Blick durch den Raum schweifen. Sie sah sehr dramatisch aus mit ihrem dunklen Eyeliner und dem nietenbesetzten schwarzen Halsband.
„Keine Angst“, sagte Amber. „Hier ist niemand aus dem Krankenhaus.“ Sie schlug mit einer Hand leise, aber energisch auf den Tisch. „Los, raus damit! Was hat er gesagt?“
Lizzy holte tief Luft und einen Moment lang befürchtete Amber das Schlimmste. Doch dann lächelte das Mädchen: „Die Ergebnisse des Bluttests waren erstaunlich! Das ist es, was er sagte: erstaunlich! Er wollte es kaum glauben.“
„Natürlich nicht.“ Dr. Bob Brickers war der bornierteste Mediziner, den Amber kannte. Er dachte immer noch, dass Penizillin das Maß aller medizinischen Dinge sei. Niemals würde er akzeptieren, dass eine spezielle Teemischung und ein paar Energie-Sitzungen bei einer Krankheit wie Diabetes Typ 1 etwas ausrichten könnten. „Also waren die Werte in Ordnung?“ Ihre Stimme klang gepresst, fast so, als könne sie selbst nicht fassen, dass ihre Heilmethode funktionierte.
„Er sagte, dass meine Bauchspeicheldrüse wieder Insulin produziert. Bald werde ich keins mehr spritzen müssen!“
Amber hob die Hände. „Einen Schritt nach dem anderen. Wir haben deinen Diabetes im Griff, das ist großartig. Aber …“
„Ich weiß, ich weiß! Kein Wort zu Dr. Brickers über das, was wir getan haben. Aber ich bin mir sicher, dass es weiterhin gut laufen wird.“
Amber spürte, wie ihre Hoffnung stieg. Als Ärztin in der Mandolin-Clinic in Phoenix, Arizona, durfte sie keine ganzheitlichen Therapien durchführen, und schon gar nicht an einer Patientin von Dr. Brickers. Der Mann war schließlich ihr Chef! Doch sie war mit Lizzys Mutter befreundet, und die hatte sie um Hilfe gebeten, weil die schulmedizinischen Behandlungen wenig Wirkung zeigten. Amber hatte daraufhin einen besonderen Tee gemischt und Lizzys Energiebahnen mit Akupressur wieder zum Fließen gebracht. Und es hatte geholfen!
„Mach jetzt genauso weiter wie bisher. Vor allem die Diät und die Übungen sind wichtig!“
„Ich weiß, ich weiß“, wiederholte Lizzy und verdrehte dramatisch die Augen. „Und wenn ich jemandem davon erzähle, wirst du gefeuert. Trotzdem ist es ein Erfolg!“
Ja, es sah so aus, als würde ihre Behandlung wirklich helfen. Für den Rest des Essens gackerten die beiden wie Teenager, dann brachte Amber ihre Patientin zurück in die Schule und fuhr wieder zur Mandolin-Clinic.
Es war nicht leicht, ihr Interesse an ganzheitlicher Medizin im Krankenhaus geheim zu halten. Aber Tage wie dieser waren die Geheimniskrämerei wert. Darum war sie Ärztin geworden: Sie wollte herausfinden, was zur Heilung verhalf und was nicht – egal, wie sich die Therapie nannte. Ihre Kollegen hielten sie vielleicht für verrückt, aber das kümmerte sie nicht. Ob fernöstliche, chinesische oder auch außerirdische Medizin – wenn es heilte, wendete sie es an. Egal, ob andere diese Methoden als „Verdummung“, abtaten.
Wenn sie doch nur Mitstreiter bei ihren Kollegen finden könnte! Einige von ihnen waren Neuem gegenüber aufgeschlossen, doch die Leitung des