1. KAPITEL
Marnie Afton packte gerade für eine Kundin einen Liebesroman als Geschenk ein, als plötzlich das Telefon klingelte. Sie nahm den Hörer ab und warf einen Blick auf die Wanduhr. Noch eine Stunde bis Ladenschluss.
„Afton Bücher – Schreibwaren – Geschenke, was kann ich für Sie tun?“ Sie klemmte sich den Hörer zwischen Schulter und Wange, während sie das Päckchen mit einer Silberschleife und zwei kleinen Teddybären verzierte.
Ihre Großmutter am anderen Ende der Leitung kam ohne Umschweife zur Sache. „Er ist hier.“
Marnie stieß vor Schreck gegen den Lesezeichenständer neben der Kasse und richtete ihn hastig wieder auf. „Was? Jetzt schon?“
„Er hat sich am Flughafen in Nashville ein Auto gemietet und ist sofort losgefahren“, antwortete Jolene Afton.
„Aber er sollte doch noch auf Onkel Norbert und Tante Linda warten, um sie mitzunehmen!“ Nervös ließ Marnie den Blick durch ihre Buchhandlung schweifen. Ihre einzige Kundin war die Frau, die gerade vor ihr an der Kasse stand. Gott sei Dank. Dann konnte sie den Laden heute etwas früher schließen.
„Er hatte es offensichtlich eilig“, fuhr ihre Großmutter fort. „Du wirst dich ihm gegenüber doch hoffentlich zusammenreißen, oder?“
„Natürlich. Ich bin nur …“ Marnie schluckte. Bis zu diesem Augenblick hatte sie sich eingeredet, dass sie ihrem Exmann vier Jahre nach der Scheidung völlig gleichmütig gegenübertreten konnte, aber offensichtlich war das ein Irrtum.
Unwillkürlich sah sie ihn vor sich: die leuchtend blauen Augen, die gebräunte Haut und das unbändige dunkelblonde Haar. Für einen flüchtigen Moment glaubte sie sogar sein Aftershave riechen zu können, von dem sie immer weiche Knie bekam.
Allerdings war sie auch nicht mehr das naive junge Mädchen von früher, das bei seinem bloßen Anblick Herzklopfen bekommen hatte. Mit ihren zweiunddreißig Jahren hatte sie sich inzwischen gut im Griff.
„Ich glaube, Sie haben das Geschenk jetzt reichlich dekoriert“, sagte ihre Kundin, eine Lehrerin an der örtlichen Grundschule, mit einem nachsichtigen Lächeln.
„Oh!“ Marnie senkte den Blick und stellte fest, dass sie gerade eine zweite Schleife an dem Geschenk befestigen wollte. „Na ja, frohe Weihnachten. Ihrer Schwester wird das Buch bestimmt gefallen. Es ist eins meiner Lieblingsbücher.“
„Ich mag es auch sehr. Schöne Feiertage bei Ihrer Großmutter.“ Die Frau nahm das Geschenk und den Kassenbeleg an sich und verschwand durch die Milchglastür.
„Marnie?“, dr