1. KAPITEL
„Und das ist Jenna Branson. Sie ist eine unserer vielversprechenden Nachwuchs-Schmuckdesignerinnen.“
Jenna hörte die Worte ihres Chefs, dankbar dafür, dass sie zumindest einen Moment lang Zeit hatte, sich von ihrem Schock zu erholen. Seit Adam Roth vor ein paar Minuten die Loge von Conti Corporate am Flemington Racecourse, dem Austragungsort der berühmten Pferderennen in Melbourne, betreten hatte, war sie wie gelähmt.
O Gott, dachte sie. Da stand der mittlere Sohn von Laura und Michael Roth, Inhaber einer Warenhauskette für Luxusgüter. Seine Familie gehörte zur australischen Aristokratie. Die Crème de la Crème der australischen Gesellschaft. Doch Jenna legte absolut keinen Wert auf die Bekanntschaft mit der Familie. Nicht nach dem, was Liam Roth ihrem Bruder angetan hatte.
Entgeistert beobachtete sie jetzt, wie dieses schlanke, durchtrainierte Familienmitglied mit den auffallend blauen Augen den Stuhl ihr gegenüber belegte. Über den Tisch hinweg sah er sie einen Moment an, als sei sie die einzige Person im Raum. Ihr Puls raste.
„Freut mich, Sie kennenzulernen, Jenna“, murmelte er. Sein Blick glitt von ihren glänzenden schulterlangen braunen Haare zu ihrem Gesicht und schließlich tiefer zu ihrem luftigen Blümchenkleid, das ihr, wie sie wusste, ausgezeichnet stand. Zum ersten Mal in ihrem Leben wünschte sie, sie würde weniger feminin aussehen.
Jenna rang sich ein Lächeln ab. „Freut mich auch“, brachte sie irgendwie hervor. Sie hoffte, einigermaßen ehrlich zu klingen, auch wenn sie sich an den Worten fast verschluckt hätte. Warum hatte sie sich bloß überreden lassen, heute hierherzukommen? Wenn nur ihr Chef Robert und seine charmante Frau Carmen nicht so hartnäckig gewesen wären. Sie hätte den Samstag viel lieber entspannt in ihrer Wohnung verbracht.
„Haben Sie schon Ihren Tipp abgegeben?“, fragte Adam mit einschmeichelnder Stimme, die ebenso kultiviert wie sonor klang.
„Bisher nicht.“
Er lächelte das selbstbewusste Lächeln eines Mannes, der mit Frauen Erfahrung hatte. „Vielleicht haben Sie ab sofort Glück.“
„Vielleicht.“
In dem Moment kehrte der Sohn ihres Chefs an den Tisch zurück und setzte sich neben sie. Marco hatte sie monatelang um ein Date gebeten. Jetzt glaubte er, sie mürbe gemacht zu haben. Nichts lag der Wahrheit ferner.
„Sie sind heute ohne Begleitung?“, fragte er Adam nach einer kurzen Begrüßung.
„Ja. Ich bin allein hier.“
„Völlig untypisch für Sie,amico mio“, scherzte er und legte den Arm in einer unmissverständlichen Geste über Jennas Stuhl.Sie gehört mir.
Adam Roths vielsagender Blick löste eine merkwürdige Reaktion in ihr aus. Sie wollte weder, dass Adam Roth glaubte, sie sei mit Marco hier. Noch sollten die beiden Männer glauben, sie sei für einen Flirt zu haben.
Im Verlauf des Nachmittags merkte sie jedoch immer wieder, dass Adam jede ihrer Bewegungen beo