2. KAPITEL
„Wer ist er?“
Cams Frage hing wie Blei in der Luft.
Liz saß mit angezogenen Beinen auf einem bequemen braunen Sofa. Davor stand ein breiter Holzcouchtisch mit einem teuer aussehenden Jade-Bonsai darauf. Über dem Kamin, der von zwei holzgerahmten Verandatüren flankiert war, hing ein Gemälde, das Liz für einen echten Tom Roberts hielt. Es stellte eine hinreißend gemalte ländliche Idylle in Australien dar.
Neben den beiden zum Sofa passenden Sesseln war der Raum mit ein paar erlesenen Einzelstücken ausgestattet, die geschmackvoll auf dem Parkettboden verteilt waren. Die Fenster blickten auf einen von Flutlicht erhellten Pool mit einem plätschernden Brunnen hinaus, auf hohe Zypressen und auf die in der Ferne blinkenden Lichter von Sydney Harbour.
Cam Hilliers Haus mochte vielleicht nicht so spektakulär wie die Villa seiner Großtante sein, doch es war stilvoll und sehr exquisit – und sicher etliche Millionen wert.
Der Hausherr dieses netten Häuschens saß Liz gegenüber in einem Sessel.
Er hatte sein Jackett ausgezogen, die Krawatte abgelegt und die beiden obersten Hemdenknöpfe geöffnet. Und er hatte ihnen beiden einen Brandy eingeschenkt.
Nach ihrer Ankunft hatte Liz sofort das Badezimmer aufgesucht, ihre zerrissene Strumpfhose ausgezogen und ihr aufgeschürftes Knie gesäubert und mit einem Pflaster verarztet. Anschließend hatte sie sich Gesicht und Hände gewaschen, aber kein Make-up mehr aufgelegt. Das hätte auch kaum zu dem Riss in ihrem Kleid und den Schmutzstreifen auf ihrer Jacke gepasst – ganz zu schweigen davon, dass sie barfuß war.
In der Einfahrt war ihr ein Schuh abhandengekommen, den sie nach panischer Suche schließlich in einem Wasserbecken zwischen diversen Pflanzen entdeckt hatte, die dort offenbar Wurzeln bilden sollten.
Bisher hatte sich Liz nur zu der Erklärung hinreißen lassen, sie habe auf der Party jemanden gesehen, den sie nicht treffen wollte, und deshalb rasch das Weite gesucht.
Sie trank einen Schluck Brandy und fühlte sich sogleich ein wenig entspannter.
Widerwillig musste sie anerkennen, dass Cam Hillier in Hemdsärmeln und mit zerzaustem Haar ein ebenso eindrucksvolles Bild bot wie vorher auf der Party seiner Großtante. Und er schien mit seinen faszinierenden blauen Augen direkt in sie hineinzuschauen …
„Er?“, murmelte sie schließlich. „Wieso glauben Sie …?“
„Lassen Sie den Blödsinn, Liz“, erwiderte er schroff. „Eine Frau hätte Sie doch niemals zu dieser übertriebenen Reaktion provoziert. Ich habe selbst gesehen, wie ihr Blick auf einen Mann fiel und Sie plötzlich kreidebleich wurden, bevor Sie … getürmt sind. Was übrigens fürmich einige Unannehmlichkeiten zur Folge hatte“, fügte er hinzu.
„Die aufdringlichen Damen?“, fragte sie unschuldig.
Er schoss ihr einen finsteren Blick zu. „Nein. Aber als Sie nicht zurückkamen, habe ich Narelle gebeten, in der Toilette nach Ihnen zu suchen. Sie war entzückt“, merkte er grimmig an.
„Und dann?“
„Da Sie nicht aufzufinden waren, kamen wir zu dem Schluss, dass Sie sich ein Taxi genommen haben und nach Hause gefahren sind.“
„Während ich in diesem dämlichen Hof herumgeirrt bin.“ Liz seufzte. „Okay, es war ein Er. Wir … Wir waren mal zusammen, aber es hat nicht funktioniert, und ich … ich wollte ihn einfach nicht sehen“, erklärte sie stockend.
Cam Hillier nickte. „Das kann ich nachvollziehen“, sagte er gedehnt. „Aber warum haben Sie mir nicht Bescheid gesagt und sind einfach gegangen? Ganz normal durch die Haustür?“
Verlegen nippte Liz an ihrem Brandy. „Ich war irgendwie im Schock. Ein wenig überfordert“, gestand sie.
„Eher ein wenig hysterisch“, wandte er ein. „Narelle hätte auf die Idee kommen können, dass Sie in ihrem Haus herumschnüffeln wollen. Und ich genauso. Wir hätten die Polizei rufen können. Ich hätte nicht gedacht, dass Sie ein so hysterischer Typ sind.“
Gut, aber du kennst die Umstände nicht, dachte Liz und stärkte sich mit einem weiteren Schluck Brandy.
„Herzensangelegenheiten können … kompliziert sein“, sagte sie leise. „Auch wenn man sonst ein Ausbund an Ausgeglichenheit ist, wird man