1. KAPITEL
“Falls du Samstagabend Zeit hast, würde es dir dann etwas ausmachen, mich in die Geheimnisse der körperlichen Liebe einzuführen?”, murmelte Madeline Watson probeweise.
Nein, so ging es nicht. Maddy setzte sich auf eine Bank vor dem Aufenthaltsraum der Dozenten der Betriebswirtschaftslehre, um ihr Opfer zu erwarten. All die Sprüche, die sie sich ausgedacht hatte, waren viel zu spießig. Den Kopf in den Händen, starrte sie auf ihre bequemen Halbschuhe und wünschte, sie hätte besser aufgepasst, wenn andere Frauen über ihre erotischen Abenteuer redeten. Warum hatte sie in den letzten zehn Jahren nichts anderes getan, als sich in Büchern zu vergraben? Sie hatte keine Ahnung, wie sie es anstellen sollte, mit dem aufregendsten Mann der ganzen Stadt anzubändeln – oder mit überhaupt irgendeinem.
Wäre es nicht einfacher, sich ein sexy rotes Kleid und ein Paar Stöckelschuhe zuzulegen?
Sie räusperte sich und versuchte es noch einmal. “Was hältst du davon, unsere Beziehung auf eine andere Ebene zu bringen?” Ein Kichern machte sie auf eine Gruppe Studenten aufmerksam, die zu ihren Abendkursen gingen. Na wunderbar. Das fehlte ihr an diesem grässlichen Tag gerade noch, dass ein Student herumerzählte, sie übe hier Anmachsprüche ein!
Aber sollte ihr Vorhaben funktionieren, wäre es die Blamage sogar wert. Kein Mann hatte ihre Hormone je derart in Fahrt gebracht, wie Cal Turner es mit einem einzigen Lächeln schaffte.
Die Tür zum Aufenthaltsraum schwang weit auf, und mehrere Lehrkräfte strömten durch die Tür, dicke Bücher, Kaffeebecher und prall gefüllte Aktentaschen balancierend.
Maddy erhob sich und hoffte, dass sie genügend Mut haben würde, dem Mann gegenüberzutreten, der in ein paar Minuten allein im Aufenthaltsraum zurückbleiben würde. Sie nickte einigen Dozenten zu, die sie flüchtig kannte, doch die meisten waren Wirtschaftswissenschaftler und somit ein ganz anderer Schlag als die Soziologen, zu denen Maddy gehörte.
Ein Spruch von Mae West kam ihr in den Sinn. “Wie wär’s, wenn du irgendwann mal zu mir raufkommen würdest?” Aber das passte nicht bei ihr, denn sie lebte in einem einstöckigen Haus.
Sie brauchte etwas Moderneres, Direkteres. Wenn sie das Komitee, das über die Annahme ihres Dissertationsthemas zu entscheiden hatte, überzeugen wollte, musste sie beweisen, dass sie mehr war als eine zugeknöpfte Intellektuelle, denn schließlich würde sich ihre Studie ja mit den Paarungsritualen des Menschen beschäftigen. Eine Liaison mit dem berüchtigtsten Ladykiller auf dem Campus wäre genau das Richtige, um diesen Beweis zu erbringen. Die Tatsache, dass sich damit auch ihr geheimes Verlangen nach Cal erfüllen würde, war purer Zufall. Was konnte sie dafür, wenn der ideale Kandidat für ihr Vorhaben zufällig jemand war, von dem sie schon seit Langem träumte?
Maddy öffnete den obersten Knopf ihres weiten Männerhemds und straffte die Schultern. Sie konnte es schaffen.
Sobald der Lärm verklungen war und ihre Armbanduhr achtzehn Uhr anzeigte, öffnete sie die Milchglastür und betrat den Aufenthaltsraum. Leere Plastikbecher, zusammengeknüllte Servietten und Donut-Krümel bedeckten die drei runden Tische. Niemand außer Cal war noch im Raum.
Für einen Moment gestattete sich Maddy das Vergnügen, den Mann anzustarren, der nicht wusste, dass ihre Zukunft von ihm abhing. Er saß in einer Ecke und trug ein graues T-Shirt mit dem Maskottchen der Universität, dem roten Kardinal. Das T-Shirt straffte sich über ausgeprägten Muskeln, die ihn mehr wie den einfachen Automechaniker aussehen ließen, der er einst gewesen war, als