1. KAPITEL
Als Dana Landry ihre eigensinnige Tochter Callie im Reitstall endlich eingeholt hatte, war ihre erste Reaktion Erleichterung. Doch ihre nächste Reaktion war Irritation - eine höchst weibliche Irritation, hervorgerufen von dem Mann, der vor ihrer achtjährigen Tochter hockte und sich lebhaft mit ihr unterhielt.
Callie hatte einen Cowboy entdeckt - und was für einen!
Seine breiten Schultern und das markante Profil verrieten Stärke und Energie; die hautengen abgetragenen Jeans unterstrichen seine männliche Ausstrahlung.
An sich hätte es Dana beruhigen müssen, dass es Callie gut ging. Stattdessen schlug ihr Herz wie verrückt, und das nur wegen dieses Mannes. Nicht etwa, weil er gefährlich aussah. Auch nicht deshalb, weil Callie normalerweise niemals mit Fremden sprach, da sie fast nie eine Antwort erhielt. Dieser typisch texanische Cowboy schien sich sogar gern mit ihr zu unterhalten. Ein Lächeln erhellte seine Züge, ein aufrichtiges Lächeln, kein mitleidiges wie sonst immer. Und Callie hing an jedem seiner Worte oder genauer gesagt, an jeder seiner Gesten.
Denn Callie war taub.
Der Mann sprach mit seinen großen Händen in flüssigen, rhythmischen Bewegungen.
Callie schien vollkommen hingerissen von ihm zu sein. Ein strahlendes Lächeln lag auf ihrem pausbäckigen Gesicht, und ihre blauen Augen leuchteten, während sie sich auf das lautlose Gespräch konzentrierte.
Eine Weile stand Dana wie gebannt da, bevor sie zu den beiden ging. Sie legte ihrer Tochter die Hände auf die Schultern und drehte sie zu sich herum. “Callie Renee Landry, du hättest nicht ohne mich hier hineingehen sollen.”
Der Cowboy richtete sich zu seiner vollen Größe auf, die ebenso beachtlich war wie alles andere an ihm.
“He, ist schon okay”, meinte er. “Ich hab sie gefunden, als sie auf den Bretterverschlag geklettert ist. Sie wollte nur einen Blick auf Pete hier drinnen werfen. Ist ja nichts passiert.”
Der Klang seiner vollen Stimme verblüffte Dana. Sie hatte angenommen, er sei ebenfalls gehörgeschädigt. “Bitte verzeihen Sie”, erwiderte sie lächelnd. “In ihrer Begeisterung bringt meine Tochter sich öfter mal in Schwierigkeiten.”
Sie blickte nach unten, da Callie ihr unaufhörlich auf die Hüfte tippte. Heftig die Hände bewegend, sah ihre Tochter sie stirnrunzelnd an.
Dana sprach ganz deutlich, sodass Callie die Worte von ihren Lippen ablesen konnte. “Du sollst nicht ohne mich loslaufen.”
Der Mann lächelte Callie zu und fuhr ihr durch die roten Haare. “Deine Mom hat recht. Du willst doch nicht, dass sie sich in ihren Reithosen verheddert, nur weil du plötzlich verschwunden bist, oder?”
Er vollführte dabei so