PROLOG
In der schicken Manhattan-Bar „Mist“ trafen sich regelmäßig Anwälte nach Feierabend, die ein horrendes Stundenhonorar verlangten. Deshalb machte es ihnen nichts aus, zwanzig Dollar für einen Pfirsich-Martini zu zahlen. Als die Tür jetzt aufgestoßen wurde, wehte frische Vorfrühlingsluft in den gemütlichen, in Burgundertönen gehaltenen Raum. Allerdings erregte etwas völlig anderes die Aufmerksamkeit der eleganten Gäste.
Sara Wells brauchte sich nicht erst umzudrehen, um zu wissen, wer gerade hereingekommen war – die letzte Person, die sie auf ihrer Abschiedsparty erwartet hätte. Sie bekam quälendes Herzklopfen. Warum sollte er kommen? Schließlich war sie nur eine unbedeutende Aushilfskraft gewesen. Hier aufzukreuzen würde weder seiner Karriere nützen noch ihn in die Klatschspalten der Boulevardblätter bringen. Und das war alles, wofür Cody Shea zu leben schien.
Dennoch hatte sie sich törichterweise gewünscht, er würde vorbeikommen – damit sie ihn wenigstens noch einmal sehen konnte, bevor sie abflog. Du liebe Zeit, du bist ja verrückt, dachte sie, als ihr klar wurde, wie gern sie sich zu ihm umgedreht hätte. Aber sie ließ sich nicht einmal zu einem kurzen Blick hinreißen.
„Du sollst wissen, dass der Job nach wie vor dir gehört, falls du deine Meinung änderst.“ Dakota, die bis vor einer Stunde ihre Chefin gewesen war, setzte sich zu Sara an den kleinen Tisch.
„Was? Oh ja, danke.“ Mit unglaublicher Willenskraft gelang es Sara, nicht zur Tür zu sehen und stattdessen den riesigen grünen Drink zu betrachten, den Dakota ihr hingestellt hatte. Salzklümpchen klebten am Rand des Glases. „Eine Margarita?“
„Du weißt nicht, wie eine Margarita hier schmeckt, solange du noch keine probiert hast.“
Sie würde es Dakota nicht verraten, aber Sara wusste überhaupt nicht, wie eine Margarita schmeckte. Sie hielt sich lieber an Wein. Weißen hauptsächlich. Ein Glas zum Abendessen, seit sie siebzehn war. Allerdings nicht während der letzten zehn Monate, in denen sie in New York gelebt hatte. Bei den hohen Mieten hatte sie sich keinen Wein leisten können. Keinen guten jedenfalls. Und sie trank lieber Leitungswasser als billigen Wein.
Dakota berührte ihre Hand. „Ich hoffe, Cody ist nicht der Grund dafür, dass du New York verlässt.“
„Nein“, antwortete Sara aufrichtig. Das Jahr, in dem sie sich vorgenommen hatte „gefährlich“ zu leben, war um. Es war Zeit, nach Hause zurückzukehren. Sie seufzte. „Weiß eigentlich jeder im Büro von meiner albernen Schwärmerei für ihn?“
„Nein, nicht einmal mein idiotischer Bruder.“ Nachdenklich fügte Dakota hinzu: „Obwohl Cody sich in den letzten Monaten ziemlich seltsam benommen hat. Ich habe ihm gesagt, dass ein paar von uns sich hier auf einen Abschiedsdrink treffen, aber ich würde nicht damit rechnen, dass er auftaucht.“
Nun konnte Sara nicht mehr anders. Möglichst unauffällig drehte sie sich um, gerade weit genug, um Cody in seinem dunkelblauen Alexander-McQueen-Anzug am Tresen zu entdecken. Er stand lässig da, hörte einem anderen Anwalt aus der Kanzlei zu – und sah sie, Sara, direkt an.
Ihre Blicke trafen sich. Er lächelte nicht, sah nicht weg, schaute sie einfach nur an.
Dakota blickte in die gleiche Richtung wie Sara. „Na so was!“
Sara wandte sich erschrocken wieder um. Sie wurde kein bisschen schlau aus Cody. Wie kam er dazu, sie vor allen Leuten so anzustarren?
„Das wird am Montag das Tagesgespräch im Büro sein“, meinte Dakota und schaute zwischen Sara und ihrem Bruder hin und her.
„Gut, dass ich nicht da sein werde.“ Sara hatte einen so trockenen Mund, dass sie die Worte kaum herausbekam. Sie nahm einen großen Schluck von ihrer Margarita. Der Drink schmeckte erstaunlich gut.
Dakota grinste. „Bist d