1. KAPITEL
Das gemietete Gig, mit dem sie die letzte Strecke ihrer langen, anstrengenden Reise von Yorkshire zurückgelegt hatten, überquerte ratternd die steinerne Bogenbrücke über den Blairmore River. Regan Stuart schob ihre Kapuze ein Stückchen zurück und schmiegte sich tiefer in die wärmenden Falten ihres roten wollenen Umhangs, denn es war bitterkalt. Eifrig lugte sie nach vorn, um, nach mehr als zwölf Jahren, endlich den ersten Blick auf Blairmore Hall werfen zu können.
Während sie ein Wäldchen durchquerten, dessen kahle Zweige schwarz gegen den trüben Winterhimmel abstachen, erzählte sie den drei Kindern in dem Wagen: „Schaut, auf diese Bäume sind Gabriel und ich früher geklettert.“
Ihre zwei kleinen Halbbrüder schauten skeptisch drein, doch Portia, Regans neunjährige Halbschwester, sah ehrfürchtig zu den mächtigen Eichen auf. „Die sind so hoch!“, meinte sie. „Hattest du keine Angst?“
Regan lachte. „Ein wenig. Aber ich wusste, Gabriel würde aufpassen, dass mir nichts passiert.“ Wenn auch, wie sie sich eingestand, der wahre Grund, aus dem sie sich gewöhnlich zu solchen Mutproben herausfordern ließ, der war, dass ihre Angst, seinen Respekt zu verlieren, größer war als ihre Angst, sich zu verletzen. Wie abgöttisch sie ihn in jenen fernen Kindertagen verehrt hatte!
„Dürfen wir auch auf Bäume klettern, Regan? Ja? Ja?“, rief Jack, das jüngste der Kinder.
„Zuerst müssen wir Seine Gnaden um Erlaubnis fragen“, antwortete sie, wobei sie sich zum hundertsten Male fragte, warum der Duke of Blairmore sie alle so unverhofft eingeladen hatte, die Weihnachtstage in seinem Haus zu verbringen. Nicht dass es kein höchst willkommenes und großzügiges Angebot wäre, dachte sie und betrachtete lächelnd die drei strahlenden, aufgeregten Kinder, die sich den Hals verrenkten, um einen Blick auf das riesige schlossartige Herrenhaus zu erhaschen, von dem sie ihnen so viel erzählt hatte.
Die kurvenreiche Auffahrt, über die sie fuhren, kam ihr länger vor als früher. Auch der Zierbrunnen mit der extravaganten Fontäne in Gestalt des Poseidons, die jetzt, im Winter, natürlich abgestellt war, erschien ihr viel größer. Und als das Gig die letzte scharfe Biegung nahm und das Gebäude in Sicht kam, schnappten alle drei Kinder nach Luft. „Nun, was haltet ihr davon?“, fragte sie. „Habt ihr es euch so vorgestellt?“
„Es ist ein Schloss“, stieß Jack hervor.
„Ein Märchenschloss!“, rief Portia.
„Es ist riesig!“, verkündete Lando.
Und alle hatten sie recht. Blairmore Hall best