: Martin Pichler
: Störgeräusch Roman
: Haymon
: 9783709976999
: 1
: CHF 15.30
:
: Erzählende Literatur
: German
: 224
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Nichts ist mehr wie es war in der Familie Reider. Ein Störgeräusch hat sich eingeschlichen und überlagert mit seinem fremden Rauschen den gewohnten Alltag. Das Vertraute ist in Frage gestellt, neue Lebensentwürfe sind zwangsläufig Reisen ins Ungewisse. Martin Pichler erzählt in seinem neuen Roman die Geschichte zweier Männer, Vater und Sohn, die nach dem Tod der Mutter diesen Aufbruch wagen. Der eine macht vorsichtige erste Schritte, die zu einer um vieles jüngeren Frau und einer nicht mehr für möglich gehaltenen Liebe führen. Der andere entflieht der Monotonie einer festen Beziehung mit einem anderen Mann, um sich auf ein nur scheinbar unverbindliches Spiel um Lust und Leidenschaft einzulassen. Mit großem Einfühlungsvermögen beobachtet der Autor seine Figuren auf ihrem Weg. In konzentrierter, poetischer Sprache beschreibt er ihren Versuch, sich loszusagen von alten Sicherheiten und zu neuen tragfähigen Beziehungen zu finden, jenseits herkömmlicher Rollenmodelle und festgeschriebener Konventionen.

Martin Pichler geboren 1970 in Bozen, Studium der Germanistik, Romanistik und Religionspädagogik in Innsbruck. Lebt als Schriftsteller und Lehrer in Bozen. Veröffentlichungen in Zeitschriften und Anthologien. Lunaspina. Roman (Skarabaeus 2001), bei Haymon: Nachtreise (2005).

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Er wirft einen Blick auf das Display seines Handys, kontrolliert, ob es einen Anruf anzeigt, denn plötzlich hat er ihre Stimme im Ohr, Vorfreude und Erwartung,Ja, Reider?, doch seine Sorge ist unbegründet, denn Margareth nimmt längst nicht mehr seine Anrufe entgegen, umsonst betätigt er die Tastensperre, als er das Café betritt. Sie hört nicht mit, als die Tür hinter ihm zuschnappt und das laute Gewimmel der Passanten aussperrt, sie merkt nicht, dass sein Schritt ganz samten geworden ist und die Schuhsohlen nicht mehr auf den Pflastersteinen klacken, sie glaubt nicht, plötzlich einzutauchen in ein abgedichtetes Aquarium, in welchem alle Geräusche gedehnt werden und sich durch einen Widerstand kämpfen bis an ihr Ohr, das Tassenklirren an den im Raum verteilten Tischchen, die Rufe der Bedienerinnen, welche die Bestellungen aufgeben, und die verhaltenen Stimmen der Gäste.

Er bleibt auf dem zweiten Treppenabsatz stehen, lässt seinen Blick suchend im Raum umherschweifen. Sie haben kein Erkennungszeichen vereinbart, kein Kleidungsstück, keinen besonderen Sitzplatz, kein auf das Tischchen abgelegtes Indiz, das ihm jetzt über eine Verlegenheit hinweghelfen könnte, gerade so, als sähen sie sich das erste Mal. Er erinnert sich an die junge Frau, so wie er sie vor zehn Jahren kennen gelernt hat, und diese Erinnerung hat sich in den letzten Tagen unlösbar in seine traurigen Gedanken gemischt, dass er sie nicht aufgeben möchte, auch nicht für die Wirklichkeit: Maria, hier, zehn Jahre älter, an einem Tischchen. Aber wahrscheinlich ist sie schon weg, wurde sie es leid, bei jedem Bimmeln zur Tür zu schauen in der Hoffnung, er wäre es, wahrscheinlich hat sie das Warten aufgegeben und das Café wieder verlassen.

Er legt sich eine Entschuldigung zurecht: Maria, ich konnte nicht eher weg.

Margareth, horchend am Hörer, hätte ihn sofort durchschaut, den übereifrigen Ton in seiner Stimme bemerkt und ihn zu deuten gewusst: Wie verlogen deine Entsch