März 1639. Gäch ist tot. Als Wagner davon erfährt, gibt es kein Halten mehr. Die plötzlich gebotene Chance nicht zu nützen, nie würde er sich das verzeihen. Er informiert Hans Wolf Zech, ein Glück, dass er den Schlossherrn von Kindheitstagen an kennt. Prompt fertigt Zech die benötigen Dokumente an. Einen Geburtsbrief braucht Wagner, ohne die Beglaubigung der ehelichen Abkunft stehen die Chancen schlecht. Und jetzt nichts wie – ins Bett der Gächin.
Mitte August heiratet Wagner Maria Gäch. Der Rest ist nur noch ein formaler Akt. Wagner sucht bei der Landesfürstin um die Gewerbekonzession an. Nicht lange muss er auf Antwort warten:
„Wir, Claudia, bekhennen offentlich mit diesem Brieff und thuen kundt meniglich, demnach unns Michael Wagner von Deubach in Unnterthänigkeit zu erkennen geben, wellichermassen er auf ableiben wailand Hans Gächen, gewesten Puechdrucker und Puechfürers allhie nachgelassenen Witib in eheliche Verheyratung sich eingelassen, auch des Khunstbrauch gemeß alhero beschrieben worden, seine erlehrnte Kunsst der Puechtruckherey neben der Puechfürerey zu yeben und zu treiben vorhabens, damit er aber solche Khunst und Hantierung unverhindert exercire, uns um unseren consens“ –
Wagner ist am Ziel. „Das mainen wir gnediglich“, Claudia de’ Medici, gegeben zu Innsbruck den 11. Oktober 1639.
Unverzüglich macht sich Wagner an die Arbeit. Als Drucker der Medici will er fortan nichts unversucht lassen, seiner Landesfürstin zur Ehre zu gereichen. Sie ist die Tochter des Großherzogs der Toskana, des Gründers der Villa Medici in Rom, halbe Sachen duldet sie nicht. Nach dem Tod ihres Mannes Leopold hat Claudia die Regentschaft übernommen. Einer der Männer, dem sie vertraut, ist Wilhelm Biener. Dem begegnet Wagner oft, mit Behörden hat er ohnehin stets zu tun. Für jeden Druck muss er den Sanctus der Obrigkeiten einholen. Gerade in religiösen Belangen ist mit Claudia nicht zu scherzen.
Neues Letternmaterial muss angeschafft werden, besser heute als morgen. Der Gäch’sche Setzkasten ist eine Katastrophe. Das erste Druckwerk, das Wagners Presse verlässt, ist eine Tragödie. Das Drama handelt vom Burgunderkönig Sigismund, der seinen Sohn erdrosseln lässt, da er in ihm einen Verschwörer vermutet. Doch schon der Untertitel des Stücks verweist auf das schlimme Schicksal, das dem strengen Katholiken Sigismund bevorsteht. Er wird von heidnischen Ostgoten kopfüber in einen Brunnen geworfen. Seitdem gilt er als christlicher Märtyrer.
Zu den Autoren der frühen Stunde gehört Hippolytus Guarinoni. Wagner stellt sich gut mit ihm, man weiß ja nie. Die Schriften des Arztes und Pfalzgrafen Guarinoni sind weit über die Grenzen des Landes hinaus bekannt. Im ersten Jahr seiner Innsbrucker Tätigkeit trifft Wagner auch auf einen Mann, dem er zeitlebens freundschaftlich verbunden bleiben wird: Johann Stadlmayr. Für den Komponisten und Innsbrucker Hofkapellmeister fertigt er einen Notendruck um den anderen an. Stadlmayr hatte schon mit Hans Gäch zusammengearbeitet.
In Sachen Notensatz gibt es an Gäch nichts zu bemäkeln. Auch andere Drucke seines Vorgängers findet Wagner nicht übel. Das Werk mit den Kupferstichen des Hans Sadeler ist ein wahres Meisterstück. Die Sadeler sind Wagner von Jugend an ein Begriff, vor allem Egidius Sadeler, der gebürtige Antwerpener, einer der berühmtesten Kupferstecher seiner Zeit. S