1. KAPITEL
Während Durango Westmoreland am Fenster stand und die Berggipfel betrachtete, erschien ein düsterer Ausdruck auf seinen sonst so attraktiven Zügen. Er war am Morgen mit Schmerzen im rechten Knie aufgewacht, und das konnte nur eines bedeuten: Ein Schneesturm war im Anflug. Laut Vorhersage sollte das Unwetter zwar abdrehen, bevor es auf Bozeman traf, aber Durango wusste es besser. Sein Knie irrte sich nie.
Seine Prognose basierte auf keinerlei wissenschaftlichen Daten, doch er wusste trotz des blauen Himmels, der an diesem Tag über Montana zu sehen war, dass er recht hatte. Ein Mann, der in den Bergen lebte, musste ein gutes Gespür für die Natur haben, um nicht plötzlich in Gefahr zu geraten.
Durango liebte die Berge, die er auch in dieser unwirtlichen Jahreszeit als Heimat ansah. Unwillkürlich fiel ihm ein anderer Ort ein, an dem er sich zu Hause fühlte: seine Geburtsstadt Atlanta. Er genoss zwar seine Privatsphäre – und seinen Freiraum –, aber manchmal fehlte ihm seine Familie, die er dort zurückgelassen hatte.
Es gab einen Onkel, der in der Nähe lebte. Doch der Weg zu ihm war nicht gerade ein Katzensprung, denn Corey Westmorelands riesige Ranch lag hoch oben in den Bergen. Seit dessen Heirat sahen sie sich nicht mehr so häufig, und Durango hatte sich zu einer Art Einsiedler entwickelt, der sich mit den Erinnerungen an die gelegentlichen Besuche bei seiner Familie begnügte.
Einer dieser Aufenthalte war ihm sehr lebhaft im Gedächtnis geblieben. Er war anlässlich der Hochzeit seines Cousins Chase nach Atlanta zurückgekehrt und hatte bei der Gelegenheit Savannah Claiborne, die Schwester der Braut, kennengelernt.
Schon beim ersten Blickkontakt hatte er die ungewöhnliche Anziehungskraft zwischen ihnen gespürt. Er konnte sich nicht erinnern, wann ihn das letzte Mal eine Frau so fasziniert hatte. Im Nullkommanichts war es ihr gelungen, seine Welt auf den Kopf zu stellen und sich mit ihrem Charme an seinem Schutzpanzer und seinem gesunden Menschenverstand vorbeizuschummeln.
Durango und Savannah waren beide mehr als nur ein bisschen beschwipst gewesen, als er sie gegen Mitternacht zu ihrem Zimmer gebracht hatte. Ihre Einladung auf einen Schlummertrunk hatte er ohne Hintergedanken angenommen. Als sie jedoch alleine waren, hatte eins zum anderen geführt, und sie waren miteinander im Bett gelandet.
In der besagten Nacht hatte er sich ganz auf sie konzentriert. Und die Erinnerung an die gemeinsamen Stunden bewahrte er sich, um sie in jenen Augenblicken hervorzuholen, in denen er sich einsam fühlte. Dabei kamen ihm unfreiwillig Gedanken, mit denen sich ein eingefleischter Junggeselle eigentlich nicht beschäftigen sollte – wie es wohl wäre, eine Frau zu haben, die immer an seiner Seite wäre, wenn er sie brauchte.
„Verdammt.“
Er schob die albernen Gedanken mit aller Kraft beiseite. Schuld an den verrückten Hirngespinsten war nur die Hochzeit seines Onkels, die erst kürzlich stattgefunden hatte. Schnell dachte Durango daran, dass er es mit der Liebe versucht und sich dabei eine Narbe am Herzen eingehandelt hatte, die ihn ständig an die schmerzhafte Erfahrung erinnerte. Nun bevorzugte er ein unkompliziertes Leben, allein mit sich und seine