1. KAPITEL
„Die Trauben sind so weit, Brenna. Ich rufe Marco an und sage ihm, dass er die Erntehelfer zusammentrommelt, damit wir morgen anfangen können.“
„Aber es ist zu früh.“ Brenna überprüfte die Zahl im Refraktometer noch einmal und war geschockt. Kein anderer in ganz Sonoma besaß Trauben, die schon so früh so reif waren. „Es sollte mindestens noch ein paar Wochen dauern.“
„Zweifelst du an meinem Urteil?“ Teds gekränkter Ton war nur zum Teil gespielt, weshalb Brenna ihren langjährigen Freund und Kollegen lieber sofort wieder zu besänftigten versuchte.
„Ganz im Gegenteil. Niemand kennt diese Trauben besser als du. Ich bin nur überrascht, das ist alles.“
Besänftigt steckte sich Ted eine Traube in den Mund und kaute, wobei sich ein glückliches Lächeln auf seinem Gesicht abzeichnete. „Diese Trauben mögen offensichtlich unsere warmen, trockenen Sommer. Du willst bloß nicht in dieser Hitze ernten, das ist alles.“
„Stimmt.“ Doch das war nur einer der Gründe. Die neuen Aluminiumtanks waren erst in der vergangenen Woche geliefert worden und standen noch kreuz und quer im ganzen Gebäude herum. Die Hauptpumpe hatte immer noch ihre Macken, es gab noch so viel Papierkram zu erledigen … und Brennabrauchte diese Wochen, um sich zu sammeln. Im Moment war sie einfach noch nicht bereit, mit der Weinlese zu beginnen.
Amante Verano fiel nun allein in ihre Verantwortung.
Nun ja, zumindest zu einem großen Teil.
Egal ob Brenna nun bereit war oder nicht, die Trauben mussten geerntet werden. Sie wusste, was sie zu tun hatte – im Grunde tat sie seit ihrer Geburt kaum etwas anderes. Aber sie hatte es noch nie alleine machen müssen. Diese Bürde lastete schwer auf ihr.
„Ich wünschte, Max wäre hier.“ Der Seufzer in Teds Stimme holte Brenna mit einem Ruck in die Wirklichkeit zurück.
„Ich weiß. Diese Trauben waren Max’ Ticket, um in die Oberschicht der Weinwelt aufzusteigen.“ Sie lächelte Ted schwach an. „Er sollte wirklich hier sein, um es mitzuerleben. Es ist einfach ungerecht.“ Nur mit Mühe blinzelte Brenna die Tränen fort, die sonst sicherlich wieder geflossen wären. Sie konnte es sich nicht leisten, vor Ted zusammenzubrechen – oder vor sonst jemandem. Max würde von ihr erwarten, weiterzumachen, und die Mitarbeiter inAmante Verano mussten daran glauben, dass sie alles unter Kontrolle hatte. „Ruf Marco an. Morgen Abend haben wir die ersten Trauben im Tank.“
Gemeinsam gingen Brenna und Ted den Hügel hinauf, wobei sie hin und wieder stehen blieben, um den Zuckergehalt der Trauben zu testen und sich Notizen zu machen.
„Hast du schon mit Jack gesprochen?“ Ted stellte die Frage viel zu ruhig und beiläufig.
Sofort begann Brennas Herz schneller zu schlagen. „Nicht seit der Beerdigung, und auch da nur für eine Minute.“ Es war sowohl unangenehm als auch schwierig gewesen, nicht zu vergessen, schmerzhaft in mehr als einer Hinsicht. Sie und Jack hatten Beileidsbekundungen ausgetauscht, Hände geschüttelt, und dann waren sie auseinander gegangen. Ende der Geschichte.
„Weiß er es?“
„Oh, da bin ich mir sicher. Max’ Anwalt hat mich angerufen, um mir die Partnerschaft zu erklären. Ich nehme an, dass er dasselbe bei Jack getan hat.“
„Und wie geht es jetzt weiter?“ Ted war der Erste, der es wagte, die Frage auszusprechen, die zweifellos allen durch den Kopf ging.
„Ich weiß es nicht. Ich bin sicher, Jack ist mit den Hotels und der Klage gegen den