: Kurt Lanthaler
: Der Tote im Fels Ein Tschonnie-Tschenett-Roman
: Haymon
: 9783852188973
: Tschonnie-Tschenett-Roman
: 1
: CHF 11.40
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 296
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
TSCHONNIE TSCHENETTS ERSTES ABENTEUER - DER STARTSCHUSS ZU KURT LANTHALERS KULT-KRIMI-REIHE. Eine alte Tunnelbauregel besagt: Jeder Kilometer fordert einen Toten. In Kurt Lanthalers Kult-Krimi ist die Leiche schon vor dem Tunnel da: Bei Bauarbeiten für einen Eisenbahntunnel am Brenner wird aus dem massiven Felsen eine Leiche freigesprengt. Keiner kann sich erklären, wie sie dorthin gekommen ist. Die einzigen Hinweise liegen im Aktenkoffer des Toten. Und den hat Tschonnie Tschenett, Aushilfs-LKW-Fahrer mit dem Hang, seine Nase in allerlei obskure Dinge zu stecken. Kein Wunder, dass er sich und seine Freunde auch diesmal in Schwierigkeiten bringt. Schon bald bekommt es Tschonnie Tschenett mit Grundstücksspekulanten, Nazis und anderen üblen Gesellen zu tun. Und entdeckt, dass große Bauvorhaben lange Schatten vorauswerfen - eine Ahnung, die sich mit dem Baubeginn des Brennerbasistunnels über 15 Jahre nach der Erstauflage nur bestätigen lässt. WEITERE KRIMIS AUS DER TSCHONNIE-TSCHENETT-REIHE: ; - Der Tote im Fels - Grobes Foul - Herzsprung - Azzurro - Napule LESERSTIMME: 'Der Antiheld Tschonnie Tschenett nimmt gemeinsam mit seinem Kumpel dem Dorfpolizisten Beweismaterial vom Fundort in Augenschein und verstrickt sich immer weiter in einen Mordfall. Bis er selbst versucht den Fall zu lösen. Skurril, schräg und lesenswert!' 'Dieser Krimi macht das Italienische in Südtirol rund um den Brenner spürbar. Italienische Redewendungen lockern den Krimi auf und sorgen für eine gehörige Portion Lokalkolorit. Sehr unterhaltsam!'

Kurt Lanthaler, geboren 1960 in Bozen, lebt als freier Schriftsteller in Berlin. Schreibt Erzählungen, Romane, Drehbücher, Hörspiele und Theaterstücke. Installationen. Libretto und Video zu der Oper 'Rasura' von M. Kerer. Diverse Preise und Stipendien. Übersetzer aus dem Italienischen, darunter Romane von Peppe Lanzetta und Roberto Alajmo. Bei Haymon: Fünf Romane um Tschonnie Tschenett: Der Tote im Fels, Grobes Foul (beide 1993), Herzsprung (1995), Azzurro (1998) und Napule (2002); Heiße Hunde. Hirnrissige Geschichten und ein Stück Karibik (1997), Offene Rechnungen. Anoichtoi Logariasmoi. Zwölf Gedichte und vier Geschichten (deutsch/italienisch/neugriec isch, 2000), Südtiroler Wein Lesen. Beschreibungen, Fotografien, Literatur (gem. mit Wolfgang Maier und Jochen Wermann, 2003), himmel& hoell (fuer fuszleser& daumenschauer) 84 strofen& 84 bilder fuer 84 stufen (gem. mit Peter Kaser, 2003), Das Delta. Roman (2007) und Goldfishs reisen um die halbe welt. Gedichte (2011). Bei HAYMONtb: Grobes Foul. Ein Tschonnie-Tschenett-Roman (2010) und Der Tote im Fels. Ein Tschonnie-Tschenett-Roman (2011).

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Als ich ihn zum ersten Mal sah, war er tot.

Als ich ihn zum zweiten Mal sah, war er immer noch tot. Und mir ziemlich gefährlich geworden.

In den Tagen dazwischen sollte ich, nicht ganz unfreiwillig und nicht eben im Zustand völliger Unschuld, noch anderes zu sehen bekommen. Genug, um weder die Toten noch die Lebenden zu beneiden.

Der hier war einfach tot. So weit vom Leben entfernt wie sonst nie. Aber was konnte man von dem Mann auch anderes verlangen.

Sie hatten soeben fünf Kubikmeter bestes, massives Alpengestein abgesprengt in diesem Tunnel. Dazu waren sie schließlich da. Man hatte sie ins Pflerschtal geschickt, um ein Loch durch den Berg zu wühlen. Einen Tag nach dem anderen. Sie hatten den Berg mit kleinen Nadelstichen angebohrt, Sprengstoff hineingestopft. Und die Löcher scharf gemacht. Dann war der Tunnel geräumt worden. Die Druckwelle hatte Staub die Röhre hinausgeblasen. Entwarnung. Sie waren eingerückt, um das Gestein abzubauen. Der Hund am Nachbarshof beruhigte sich wieder. Bis zum nächsten Mal.

Ich hatte das oft genug miterlebt auf dieser Tunnelbaustelle. Weil ich mir hier schon oft genug die Füße platt getreten hatte. Bestellt, und nichts zum Abholen da.

Es ist immer dasselbe, langweilige Spiel. Wenn die Fuhrunternehmer einen wie mich überhaupt anheuern, dann nur, weil sie mit ihren Terminen in ärgsten Schwierigkeiten sind. Dann nehmen sie sogar so ungeliebte Idioten wie mich. Hauptsache, einer schafft es auf die Zugmaschine. Wie, ist egal. Einen solchen Job anzunehmen bedeutet: heute laden, vorgestern abliefern. Und dann bringt irgendein Büromensch die Termine durcheinander. Und man steht gratis und stundenlang neben einem leerenLKWund wartet darauf, daß sie ihn endlich volladen.

An sowas gewöhnt man sich. An anderes nicht.

Diesmal gab es Geschrei. Und alles lief. Richtung Tunnel.

Es ging mich eigentlich nichts an. Aber ich kannte einige der italienischen Arbeiter hier ziemlich gut. Vom Kartenspielen her. Also lief ich mit in die Tunnelröhre hinein. Gute fünf Minuten. Ein dunkles Loch. Als wir endlich angekommen waren, lag, am Ende des Tunnels, unter kniehohen Steintrümmern, ein Mann im schwarzen Anzug. Lag da, wo eigentlich nur freigesprengter Felsen liegen sollte.

Viel war von dem Mann zuerst nicht zu sehen. Die Arbeiter räumten mit bloßen Händen die kleineren Felsbrocken zur Seite. Ich wollte mich nicht einmischen, hier waren sie zuständig. Zeit genug für mich, um genauer hinzuschauen.

Das, was man von dem Mann jetzt erkennen konnte, sah nach einem Abspüler mit dazugehöriger fünfzehnjähriger Karriere in der transalpinen Hotellerie aus. Hoffnungslos gezeichnet. Und er trug immer noch seinen Erstkommunionsanzug. Seit zwanzig Jahren. Gestreift, und an den Ärmeln um ein paar Zentimeter zu kurz. Das Gesicht war staubbedeckt. Wie das einer reichlich alternden Dame von einer dicken Puderschicht überzogen. Ich kannte ihn nicht.

Es war wie immer: Angesichts eines Toten wurde ich ruhig; und wurde die Kotzgefühle nicht los.

„Himmel“, sagte ich, „wozu denn das?“

„DaiTschenett, non gridare“, sagte Santini, der Vorarbeiter, hinter mir.

In der feuchten Dunkelheit hier drin hatte ich ihn noch gar nicht bemerkt.

Non gridare, dachte ich. Und ob, Santini. Immerhin hatte ich vor ein paar Tagen genug Geld an ihn verloren, um hier tagelang herumschreien zu dürfen.

„Non serve a niente“, sagte Santini, „bringt nichts.“

Dasselbe hatte er gesagt, als ich mir Geld leihen wollte, um weiterspielen zu können. Für einen Italiener kann Santini verdammt trocken sein. Diesmal mußte ich ihm recht geben. Hier konnte wirklich nichts mehr helfen. Jedenfalls nicht im Augenblick.

Der Tote hatte einen Aktenkoffer in der Hand. Nicht einmal mehr sterben schien man zu können ohne diese grauslichen Dinger.

Die Arbeiter versuchten, mit Stangen die größeren Felsbrocken zu bewegen, um die Leiche frei zu bekommen. Wenn man dem Toten nicht alle Knochen brechen wollte, war das eine verdammt komplizierte Angelegenheit. Und aus irgendeinem Grund wollten sie ihn so unbeschädigt wie mö