: Chantelle Shaw
: Der Fürst und das Showgirl
: Cora Verlag
: 9783733702328
: Julia
: 1
: CHF 2.20
:
: Gegenwartsliteratur (ab 1945)
: German
: 144
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB

Liebe auf den ersten Blick gibt es für Schauspielerin Mina Hart nur auf der Bühne ... bis sie den umwerfend attraktiven Erik Thoresen im Zuschauerraum entdeckt. Bei seinem Anblick vergisst die unschuldige Mina alles, was in ihrem Leben zählt und gibt den Annäherungsversuchen des schönen Fremden nach. Was als prickelnder Flirt beginnt, endet in einer sinnlichen Liebesnacht. Doch als am nächsten Morgen Paparazzi vor seiner Luxussuite warten, scheint ihr Liebestraum zerstört. Denn Erik ist der Thronfolger eines nordischen Fürstentums, der sie plötzlich für ein berechnendes Showgirl hält ...



<p>Chantelle Shaw ist in London aufgewachsen. Mit 20 Jahren heiratete sie ihre Jugendliebe. Mit der Geburt des ersten Kindes widmete sie sich ihrer Rolle als Hausfrau und Mutter, ein Vollzeitjob, da die Familie bald auf sechs Kinder und verschiedene Haustiere anwuchs. Chantelle Shaw entdeckte die Liebesromane von Mills& Boon, die sie schon aus ihrer Jugend kannte, in den ersten Jahren als Mutter neu. Während ihrer unfreiwillig nachtaktiven Zeit, hatte sie häufig ein Baby im Arm und ein Buch in der anderen Hand. In ihrer Freizeit fing Sie an, eigene Geschichten zu schreiben. Mills& Boon lehnte ihre ersten Entwürfe ab, ermutigte sie aber weiter zu machen. Doch als Mutter von sechs Kindern, die auch noch halbtags arbeitete, blieb ihr kaum Zeit. Erst 20 Jahre später begann sie wieder ernsthaft zu schreiben, als sie versuchte über den Tod ihrer Mutter hinweg zu kommen. Sie konnte sich in die Welten in ihrem Kopf flüchten und so für einige Zeit ihre Trauer vergessen. Seit dieser Zeit mag Chantelle Shaw Liebesromane noch mehr als zuvor, denn kein anderes Genre verleiht seinen Lesern ein ähnliches Gefühl von Glück und Entspannung. Sie liebt es, starke, entschlossene und sexy Helden zu kreieren, die letztendlich das große Glück und die Liebe finden. Das Schreiben nimmt ihre meiste Zeit ein, aber wenn sie einen freien Kopf braucht, geht sie in ihren Garten oder spazieren. Manchmal wünschte sie sich nur, dass sie auch von der Hausarbeit einen freien Kopf bekommen würde.</p>

1. KAPITEL

Er war wieder da.

Mina hatte sich vorgenommen, nicht nach ihm Ausschau zu halten. Doch als sie aus den Kulissen trat, blickte sie wie unter Zwang zu den Zuschauern, die sich im Stehbereich vor der Bühne versammelt hatten. Ihr Herz schlug schneller, als sie ihn dort entdeckte.

Die einzigartige Architektur des Shakespeare Globe Theatre am Londoner Südufer der Themse ermöglichte es den Schauspielern, von der Bühne aus die Gesichter der Zuschauer zu erkennen. Das Theater war ein genialer Nachbau des berühmten elisabethanischen Schauspielhauses, ein offenes Amphitheater, über dem der Himmel sich wie jetzt bei einsetzender Dämmerung rötlich blau färbte. Wie im Originaltheater wurden nur sanfte Beleuchtungsquellen eingesetzt. Ohne das blendende Rampenlicht konnte Mina die markanten Züge des Mannes, seine ausgeprägten Wangenknochen, das männlich energische Kinn mit dem leichten Bartschatten deutlich ausmachen.

Er lächelte nicht, wirkte ernst, fast streng, doch seine sinnlichen Lippen faszinierten Mina. Von der Bühne aus konnte sie die Farbe seiner Augen nicht erkennen, dafür die hellen Strähnchen im dunkelblonden Haar. Er trug dieselbe schwarze Lederjacke wie an den drei vorhergehenden Abenden und sah so umwerfend aus, dass Mina den Blick nicht von ihm abwenden konnte.

Warum mochte er erneut ins Theater gekommen sein? Sicher, Joshuas Harts Regiedebüt mit der berühmten LiebesgeschichteRomeo und Julia war mit positiven Kritiken überhäuft worden – doch was veranlasste jemanden, sich dasselbe Stück an drei Abenden hintereinanderstehend anzusehen? Na ja, vielleicht konnte der Mann sich einen Galerieplatz nicht leisten. Stehplätze waren billig und begehrt, weil man von dort aus den besten Blick auf die Bühne hatte und den Schauspielern ganz nahe war.

Mina wollte sich abwenden, doch irgendwie stand sie völlig im Bann dieses Mannes. Jetzt sah er sie so durchdringend an, dass sie unwillkürlich den Atem anhielt. Die Welt um sie herum versank – der Zuschauerraum, die anderen Schauspieler –, es gab nur nochihn.

Undeutlich wurde Mina bewusst, dass es still um sie geworden war: Die anderen Schauspieler warteten auf ihren Einsatz. Doch Mina fiel ihr Text nicht ein. Sie bekam es mit der Angst zu tun, als ihr bewusst wurde, dass Hunderte Augenpaare auf sie gerichtet waren.

Meine Güte! Lampenfieber – der schlimmste Albtraum jedes Schauspielers. Ihre Zunge war wie gelähmt, der kalte Schweiß brach ihr aus. In aufsteigender Panik tastete sie nach ihrem Hörgerät.

„Reiß dich zusammen, Mina!“, flüsterte ihr ein anderer Darsteller zu. Und endlich schien ihr Hirn wieder zu funktionieren! Sie atmete tief ein und sprach ihre erste Textzeile.

„Ach … wer hat mich gerufen?“

Kat Nichols, die die Krankenschwester spielte, atmete erleichtert ein.

Mina wusste, dass sie „die vierte Mauer“ missachtet hatte, die goldene Schauspielerregel, nie auf das Publikum zu achten. Nur Sekunden hatte sie sich von der Figur der blutjungen Julia gelöst und den Zuschauern einen Blick auf sich selbst gestattet – Mina Hart, die fünfundzwanzigjährige hörbehinderte Schauspielerin.

Es war unwahrscheinlich, dass jemand im Zuschauerraum von ihrer Hörschwäche wusste. Nur wenigen außerhalb der Familie und des engsten Freundeskreises war bekannt, dass sie mit acht Jahren an Meningitis erkrankt war und eine Hörschwäche zurückbehalten hatte. Die Hörhilfen, die sie trug, waren so klein, dass sie unter ihrem langen Haar nicht auffielen. Dank einer neuen Erfindung konnte sie damit auch telefonieren und Musik hören. Manchmal vergaß Mina fast, wie einsam und abgeschnitten sie sich als Kind gefühlt hatte, für das die Welt über Nacht stumm geworden war.

Doch obwohl sie sich auf ihre Hörhilfen verließ, waren einige Gewohnheiten geblieben. Sie konnte erstaunlich gut von den Lippen lesen und beobachtete Lady Capulet, die nun ihren Text sprach.

„Sag mir, Tochter Julia, wie denkst du übers Heiraten?“

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