: Isabell Rohde
: Gnade für Laura! Mami 1801 - Familienroman
: Blattwerk Handel GmbH
: 9783959796910
: Mami
: 1
: CHF 3.10
:
: Erzählende Literatur
: German
: 100
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Die Familie ist ein Hort der Liebe, Geborgenheit und Zärtlichkeit. Wir alle sehnen uns nach diesem Flucht- und Orientierungspunkt, der unsere persönliche Welt zusammenhält und schön macht. Das wichtigste Bindeglied der Familie ist Mami. In diesen herzenswarmen Romanen wird davon mit meisterhafter Einfühlung erzählt. Die Romanreihe Mami setzt einen unerschütterlichen Wert der Liebe, begeistert die Menschen und lässt sie in unruhigen Zeiten Mut und Hoffnung schöpfen. Kinderglück und Elternfreuden sind durch nichts auf der Welt zu ersetzen. Genau davon kündet Mami.   Laura ist in einem Waisenhaus aufgewachsen, Elternliebe lernte sie nie kennen. Der einzige Mensch, der sich mit der Kleinen beschäftigte, lebt nicht mehr. So ist sie froh, daß sich jemand um sie kümmert, von dem es am wenigsten zu erwarten war...   Als Anna Spitzky, die Direktorin des Kinderheims ?Elbblick?, mit ihrem Gast in das Sprechzimmer gleich neben ihrem Büro trat, empfand sie die Luft darin plötzlich als sehr stickig. Also öffnete sie das Fenster leicht, bevor sie Doris Sudermann bat, sich zu setzen.   Sie sah die junge und sympathische Frau an und wußte, daß es nicht die Luft war, die ihr das Atmen schwer machte. Es war die uneingestandene Furcht vor dem Anlaß, der Doris Sudermann innerhalb eines Monats zum zweiten Mal zu ihr geführt hatte. Natürlich ging es wieder um die neunjährige Laura, Doris Sudermanns Nichte.   Anna Spitzky, hatte wie immer, wenn ein Angehöriger ihrer Schützlinge zu Besuch kam, die Akte des jeweiligen Kindes vor sich liegen. Nun schlug sie sie auf.   »Vom Jugendamt ist bereits die Bestätigung gekommen, Frau Sudermann. Sie gelten von nun an als Vormund der verwaisten Tochter ihrer verstorbenen Schwester Mona Wedel. Daß Sie Laura Ende des Jahres zu sich nach Lüneburg nehmen wollen, traf im Amt auf Zustimmung. Besonders, da Sie Laura zuliebe ja Ihren lange vorbereiteten Aufenthalt in Afrika...«   »Wir gehen nach Mali, Frau Spitzky«, betonte Frau Sudermann.   »Ja, Mali, wo Sie und Ihr Mann schon als Entwicklungshelfer eingeplant worden waren«, fuhr sie fort, ohne dem Einwand ihres Gastes besondere Aufmerksamkeit zu schenken. »Die zuständige Beamtin sprach sogar ihre

  Laura ist in einem Waisenhaus aufgewachsen, Elternliebe lernte sie nie kennen. Der einzige Mensch, der sich mit der Kleinen beschäftigte, lebt nicht mehr. So ist sie froh, daß sich jemand um sie kümmert, von dem es am wenigsten zu erwarten war…

  Als Anna Spitzky, die Direktorin des Kinderheims ›Elbblick‹, mit ihrem Gast in das Sprechzimmer gleich neben ihrem Büro trat, empfand sie die Luft darin plötzlich als sehr stickig. Also öffnete sie das Fenster leicht, bevor sie Doris Sudermann bat, sich zu setzen.

  Sie sah die junge und sympathische Frau an und wußte, daß es nicht die Luft war, die ihr das Atmen schwer machte. Es war die uneingestandene Furcht vor dem Anlaß, der Doris Sudermann innerhalb eines Monats zum zweiten Mal zu ihr geführt hatte. Natürlich ging es wieder um die neunjährige Laura, Doris Sudermanns Nichte.

  Anna Spitzky, hatte wie immer, wenn ein Angehöriger ihrer Schützlinge zu Besuch kam, die Akte des jeweiligen Kindes vor sich liegen. Nun schlug sie sie auf.

  »Vom Jugendamt ist bereits die Bestätigung gekommen, Frau Sudermann. Sie gelten von nun an als Vormund der verwaisten Tochter ihrer verstorbenen Schwester Mona Wedel. Daß Sie Laura Ende des Jahres zu sich nach Lüneburg nehmen wollen, traf im Amt auf Zustimmung. Besonders, da Sie Laura zuliebe ja Ihren lange vorbereiteten Aufenthalt in Afrika…«

  »Wir gehen nach Mali, Frau Spitzky«, betonte Frau Sudermann.

  »Ja, Mali, wo Sie und Ihr Mann schon als Entwicklungshelfer eingeplant worden waren«, fuhr sie fort, ohne dem Einwand ihres Gastes besondere Aufmerksamkeit zu schenken. »Die zuständige Beamtin sprach sogar ihre Anerkennung für Ihre, nun sagen wir, Opferbereitschaft aus.«

  »Aber mein Mann und ich werden dieses Opfer eben nicht bringen!« betonte Lauras Tante voller Ungeduld.

  Frau Spitzky sah sie verwirrt an. »Das verstehe ich nicht.«

  Und dabei entstanden einige rötliche Flecken auf ihrem Gesicht. Anna war Mitte vierzig. Aber oft ließen sie ihre einfarbigen und schlichten Kleider etwas älter erscheinen. Nur, wer sie näher kannte, wußte, wie schnell sie sich veränderte, wenn sie guter Laune war und wie ein junges Mädchen lachte. Jetzt sah sie aus, als würde ihr nie wieder ein jugendliches Lachen gelingen.

  Der kühle Blick, mit dem Doris Sudermann sie musterte, erinnerte sie an jenen schrecklichen Tag vor zwei Wochen, als Lauras Tante hier ebenso unvermittelt aufgetaucht war und sie in wohlgesetzten Worten vom Tod ihrer Schwester, Lauras Mutter Mona Wedel, informiert hatte.

  Mona Wedel war mit ihrem Freund Heiner Kamphoff in dessen Privatmaschine abgestürzt. Und als ob die Katastrophe nicht schon tragisch genug war, war Doris Sudermann gleich danach mit einer nächsten Hiobs-

botschaft herausgerückt: Mona Wedel sei schon vor zwei Tagen in Lüne-

burg beerdigt worden. Mit Rücksicht auf die arme Laura habe man auf die Gegenwart des Mädchens verzich-

tet.

  »Ich bin davon überzeugt, daß Sie unsere Entscheidung verstehen, wenn natürlich auch nicht gutheißen werden, Frau Spitzky!« Doris Sudermann nahm ihre große Handtasche auf den Schoß und suchte darin herum. »Wo ist Laura?« fragte sie dabei, ohne aufzusehen.

  »Beim Musikunterricht. Nach der Nachricht vom Tod ihrer Mutter nimmt sie heute zum ersten Mal wieder daran teil. Wünschen Sie, daß ich sie holen lasse?«

  »Nein.« Frau Sudermann entnahm ihrer Tasche nun ein Bündel Briefe. Es wurde von einem schlichten blauen Bändchen zusammengehalten. Am Rand einiger Umschläge war zu erkennen, daß es sich um Luftpostsendungen handelte.

  »Sehen Sie, Frau Spitzky… die Situation hat sich völlig verändert. Mein Mann und ich fanden diese Briefe vorgestern unter den Sachen von Lauras Mutter«, begann sie. »Es handelt sich um – nun sagen wir, um Liebesbriefe.« Sie sah die Heimleiterin bedeutungsvoll an. »Heiner

Kamphoff, der vor drei Wochen mit meiner Schwester in seiner Privatmaschine abstürzte, hat diese Briefe geschrieben! Ich wette, das war Ihnen bekannt.«

  Anna deutete ein Kopfschütteln an. Wie sollte sie reagieren? Daß der Werbeunternehmer Heiner Kamp-hoff die Mutter der kleinen Laura geliebt hatte, wußte sie seit dem Frühsommer. Sie hatte es nach dem Tod der beiden Menschen nie erwähnt, weil sie geduldig warten wollte, bis Laura nach Überwindung des ersten Schocks von sich aus zu fragen begann.

  Denn einem Kind wie Laura, dem nach dieser Katastrophe nur noch die Tante Doris geblieben war, mußte man Zeit lassen. Unendlich viel Zeit, damit sich das gebrochene Herz und die verwundete Seele erholen konnten.

  »Heiner Kamphoff und meine Schwester waren ein Liebespaar, Frau Spitzky. Mona, vielbeschäftigte Fotografin, aber ledige Mutter eines neunjährigen Mädchens und Kamphoff, dieser erfolgreiche Unternehmer und Millionär! Wenn ich das gewußt hätte!« stieß Doris aus, wobei sie gar nicht erst versuchte, ihre Erregung zu verbergen. »Er wollte Mona sogar heiraten! Meinem Mann und mir fiel es wie Schuppen von den Augen. Für mich war Heiner Kamphoff doch nur der Auftraggeber meiner Schwester