Ich blicke in die Ferne und sehe stets mein Auge; was trennt mei nen Blick von den Grenzen der Endlichkeit, ein Spiegel.
Gerald Dunkl
Ein leichtes Rütteln an seinem Oberarm überzeugt Helmut davon, dass zwischen einem lauten Schrei seiner lieben Schwiegermutter, und einer festen Berührung seines Armes, nicht zwingend ein langer Zeitraum bestehen muss. Schon drängt sich der Verdacht bei ihm auf, sie könnte möglicherweise die Treppe hochgeflogen sein. Vor kurzem schwebte ja auch ein so genannter geistiger Mensch an seinem Bett. Warum sollte seine Schwiegermutter nicht auch außergewöhnliche Fähigkeiten besitzen können? Nach dem Erlebten, kann sich Helmut alle möglichen Ereignisse vorstellen, ohne Zweifel bei sich aufkommen zu lassen.
Völlig unbeeindruckt von seinen teils skurrilen Gedanken, steht seine Schwiegermutter im Zimmer und meint mit der säuselnden Stimme eines friedlichen Engels, dass es wohl Zeit fürs gemeinsame Frühstück wäre. Ein kurzer Blick aus dem Schlafzimmerfenster überzeugt ihn von seiner Vermutung, dass es für einen heißen Kaffee mit Milch und Zucker eigentlich noch viel zu früh sei. Außerdem ist Helga von ihrem gestrigen Frauenabend noch nicht zurück, sonst läge sie ja neben ihm im Bett. Liegt sie aber nicht! Er weiß nicht ob er lachen oder weinen soll. Eigentlich war der Traum, sollte er wahr sein, viel interessanter als die Weckrufe von seiner Schwiegermutter. Die laute Stimme von ihr verdrängt die Gedanken und ruft ihn den Alltag ins Gedächtnis.
„Du willst doch heute Morgen mit Helga zusammen auf den Antiquitätenmarkt?“ „Ja klar, wollen wir!“ „Na also, dann heb deinen Hintern aus den Federn, es ist bereits nach acht.“ „ Danke, dass hätte ich ja beinahe verschlafen!“
Helga, Helmuts Ehefrau, war am gestrigen Abend mit Freundinnen zum regelmäßigen Frauenabend und kam erst am frühen Morgen nach Hause. Vermutlich mit letzter Kraft schleppte sie sich einen Eimer mit Wasser an das Sofa, und ließ sich, so wie sie angezogen war, einfach auf die Liegefläche fallen.
So wie sie da lag, konnte von einem sanften Hinlegen bestimmt keine Rede sein. Ja, ja der liebe Alkohol, denkt sie vermutlich noch, bevor sie die schwankende Gegenwart in Richtung Traumwelt verlässt. Helmuts behutsame Bemühungen, sie aus dem Schlaf zu holen, scheitern kläglich. Marta, die Mutter von Helga, steht derweil in der Küche und kocht Kaffee für das gemeinsame Frühstück. Laute Musik, verlockende Kaffeedüfte und ähnliche Muntermacher, nichts hilft Helga vom Sofa zu holen. Schon leicht ärgerlich, zieht ihr Helmut mit einem kräftigen Ruck ein Kissen unter ihrem Kopf weg.
„Geliebte Gattin, aufstehen, das Frühstück wartet nicht ewig!“ „Lass mich in Ruhe du Nörgelgeist, ich habe keinen Hunger!“ Geist ist gut, denkt Helmut, als ob ich wie einer aussehe. Wirklich sehr witzig! „Nichts da, der heutige Antiquitätenmarkt ist bereits im vollen Gange, jedenfalls so Wolfgang, der vor wenigen Minuten anrief und sich erkundigte, wo wir zwei bleiben würden?“
Wolfgang ist ein Freund des Hauses, und für seine penible Pünktlichkeit bekannt. Ohne mit ihm auf so einen Markt zu gehen, bedeutet so viel, als würde man eine schwierige Bergtour ohne Bergführer planen.
„Ach was? Oh nein! Antiquitäten, oh Gott ja, ich will doch einen alten Spiegel kaufen.“
Und schon erhebt sich Helga mühsam in die Senkrechte, bemüht sich sie auch einzuhalten und eilt, sowie die Beine halt mitspielen, in Ri