: Laurent Gounelle
: Der Tag, an dem ich lernte zu leben Roman
: Goldmann
: 9783641176495
: 1
: CHF 7.90
:
: Gegenwartsliteratur (ab 1945)
: German
: 288
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Wie wäre es, wenn heute ein ganz neues Leben für dich beginnen würde?
Jonathan lebt in San Francisco und muss sich eines Tages eingestehen, dass er in eine Sackgasse geraten ist: Seine Frau hat ihn verlassen, seine Karriere droht zu scheitern, und er leidet unter der Trennung von seiner kleinen Tochter. Als ihm dann auch noch in Aussicht gestellt wird, dass er möglicherweise nicht mehr viel Zeit zu leben hat, spürt Jonathan, dass er handeln muss - er verlässt die Stadt und zieht sich zurück in das Haus seiner Tante am Meer. Noch ahnt er nicht, dass dort der Schlüssel zu einem erfüllten und sinnvollen Leben für ihn verborgen liegt. Um ihn zu finden, muss er jedoch bereit sein zu dem Wagnis, sich von seinen bisherigen Überzeugungen zu befreien und sein Herz auf ganz neue Weise für die Welt zu öffnen ...



Laurent Gounelle, 1968 geboren, studierte Soziologie und Philosophie an der Universität von Santa Cruz, Kalifornien. Seit vielen Jahren beschäftigt er sich in seinen Büchern mit Neurowissenschaften, östlichen Weisheitslehren und dem Thema Persönlichkeitsentwicklung, einige Jahre unterrichtete er an der Universität von Clermont-Ferrand. Laurent Gounelle gehört zu den erfolgreichsten Autoren Frankreichs, seine Bücher stürmen stets die oberen Ränge der Bestsellerliste.

1

Das Übel an der Wurzel packen.

Vom Fenster des Badezimmers, oben in dem rosafarbenen Häuschen, das er vor fast drei Monaten in einer hübschen kleinen Straße von San Francisco gemietet hatte, sah Jonathan, mechanisch mit seiner Rasur beschäftigt, wie der Klee sich unerbittlich über den Rasen ausbreitete. Die arme Wiese, unter der sengenden Julisonne gelb geworden, schien bereit zu kapitulieren. Selbst Clopyralid war machtlos dagegen: Ein ganzer Kanister voll Herbizid, zu Beginn des Monats versprüht, hatte nichts genutzt. Man müsste ihn eigenhändig ausreißen, einen Halm nach dem andern, dachte Jonathan, während der Rasierapparat unter monotonem Summen sein Kinn massierte. Der Garten lag ihm am Herzen. Hinter dem Haus nach Süden ausgerichtet war dies der Ort, wo seine Tochter Chloé spielte, wenn sie ihn an jedem zweiten Wochenende besuchte.

Nach beendeter Rasur schaute Jonathan auf seinem Smartphone die eingegangenen E-Mails durch: Anfragen von Kunden, eine Reklamation, ein verschobenes Mittagessen, der Monatsbericht der Buchhaltung, ein Angebot des Telefonanbieters und einige Newsletters.

Wieder vor dem Spiegel griff er nach Pinsel und Flakon mit braunem Haarfärbemittel und strich die Lotion behutsam über die ersten weißen Haare. Mit sechsunddreißig Jahren war er zu jung, um den Abdruck der Zeit einfach hinzunehmen.

Eilends machte er sich fertig, um rechtzeitig im Café am Platz zu sein. Seit der Gründung ihrer kleinen Versicherungsgesellschaft fünf Jahre zuvor trafen sie, die drei Teilhaber, sich dort jeden Morgen zu einem schnellen Kaffee auf der Terrasse. Eine von ihnen war keine andere als seine Exlebensgefährtin Angela, und selbst ihre kürzlich vollzogene Trennung hatte an diesem offensichtlich unwandelbaren Ritual nichts geändert.

Ihre Firma war die einzige in der Stadt, die sich auf kleinere Unternehmer aus der Umgebung spezialisiert hatte. Nach anfänglichen Schwierigkeiten hatten die Geschäfte nun so weit angezogen, dass die Teilhaber sich und ihrer Assistentin ein, wenn auch eher geringes, monatliches Gehalt überweisen konnten. Immerhin war es ihnen gelungen, sich zu etablieren, und die Wachstumsaussichten schienen durchaus vielversprechend. Sie mussten zwar alle Kraft zusammennehmen, und zeitweilig wurde Jonathan von einer bedrückenden Mutlosigkeit ergriffen, aber er glaubte daran, dass alles möglich sei, dass es keine anderen Grenzen gebe als die, die man sich selbst setzt.

Er trat hinaus, stieg die Außentreppe hinunter und ging zum Tor. Ein angenehmer sommerlicher Dunst lag in der Luft. Der kleine vordere Garten, der das Haus von der Straße trennte, befand sich nicht in besserem Zustand als der hintere. Nach Norden gelegen war er weithin mit Moos überzogen.

Im Briefkasten wartete Post. Jonathan öffnete ein Schreiben der Bank. Durch die Autoreparatur war sein Konto in die roten Zahlen gerutscht. Es musste schnellstens ausgeglichen werden. Das zweite Schreiben stammte von seinem Telefonanbieter. Sicherlich eine weitere Rechnung …

»Guten Tag!«

Der Nachbar, der ebenfalls gerade die Post holte, grüßte mit dem entspannten Ausdruck dessen, dem das Glück gewogen i