: Sigmund Freud
: Sigmund Freud: Gesammelte Werke Andhofs große Literaturbibliothek
: Andhof
: 9783736402720
: Andhofs große Literaturbibliothek
: 1
: CHF 0.90
:
: Erzählende Literatur
: German
: 9700
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Die Werke von Sigmund Freud sorgsam zusammengetragen und gesammelt in E-Book-Ausgabe. Diese umfangreiche Sammlung der Werke des weltweit bekannten und berühmten österreichischen Neurologen, Tiefenpsychologen, Kulturtheoretikers, Religionskritikers und Begründers der Psychoanalyse enthält u. a.: Das Ich und das Es Über Psychoanalyse Totem und Tabu Die Traumdeutung Massenpsychologie und Ich-Analyse Neue Folge der Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse Psychoanalytische Bemerkungen über einen autobiographisch beschriebenen Fall von Paranoia Jenseits des Lustprinzips Aus der Geschichte einer infantilen Neurose Bemerkungen über einen Fall von Zwangsneurose Analyse der Phobie eines fünfjährigen Knaben Bruchstück einer Hysterie-Analyse Drei Abhandlungen zur Sexualtheorie Die endliche und die unendliche Analyse Die Frage der Laienanalyse Hemmung Symptom und Angst Eine Kindheitserinnerung des Leonardo da Vinci Der Mann Moses und die monotheistische Religion Das Unbehagen in der Kultur Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse Der Witz und seine Beziehung zum Unbewussten Die Zukunft einer Illusion Zur Psychopathologie des Alltagslebens Zur Psychotherapie der Hysterie Zwei Kinderlügen Zur Ätiologie der Hysterie Die Sexualität in der Ätiologie der Neurosen Einige psychische Folgen des anatomischen Geschlechtsunterschieds Zur sexuellen Aufklärung der Kinder Psychopathische Personen auf der Bühne Charakter und Analerotik Einige Charaktertypen aus der psychoanalytischen Arbeit Fetischismus Der Humor Hysterische Phantasien und ihre Beziehung zur Bisexualität Das Motiv der Kästchenwahl Warum Krieg? Trauer und Melancholie Neurose und Psychose Das ökonomische Problem des Masochismus Über Psychotherapie Triebe und Triebschicksale Das Tabu der Virginität Über die weibliche Sexualität Briefe u. v. a. m.

Sigmund Freud


Das Ich und das Es


I
Bewußtsein und Unbewußtes


In diesem einleitenden Abschnitt ist nichts Neues zu sagen und die Wiederholung von früher oft Gesagtem nicht zu vermeiden.

Die Unterscheidung des Psychischen in Bewußtes und Unbewußtes ist die Grundvoraussetzung der Psychoanalyse und gibt ihr allein die Möglichkeit, die ebenso häufigen als wichtigen pathologischen Vorgänge im Seelenleben zu verstehen, der Wissenschaft einzuordnen. Nochmals und anders gesagt: Die Psychoanalyse kann das Wesen des Psychischen nicht ins Bewußtsein verlegen, sondern muß das Bewußtsein als eine Qualität des Psychischen ansehen, die zu anderen Qualitäten hinzukommen oder wegbleiben mag.

Wenn ich mir vorstellen könnte, daß alle an der Psychologie Interessierten diese Schrift lesen werden, so wäre ich auch darauf vorbereitet, daß schon an dieser Stelle ein Teil der Leser haltmacht und nicht weiter mitgeht, denn hier ist das erste Schibboleth der Psychoanalyse. Den meisten philosophisch Gebildeten ist die Idee eines Psychischen, das nicht auch bewußt ist, so unfaßbar, daß sie ihnen absurd und durch bloße Logik abweisbar erscheint. Ich glaube, dies kommt nur daher, daß sie die betreffenden Phänomene der Hypnose und des Traumes, welche – vom Pathologischen ganz abgesehen – zu solcher Auffassung zwingen, nie studiert haben. Ihre Bewußtseinspsychologie ist aber auch unfähig, die Probleme des Traumes und der Hypnose zu lösen.

Bewußt sein ist zunächst ein rein deskriptiver Terminus, der sich auf die unmittelbarste und sicherste Wahrnehmung beruft. Die Erfahrung zeigt uns dann, daß ein psychisches Element, zum Beispiel eine Vorstellung, gewöhnlich nicht dauernd bewußt ist. Es ist vielmehr charakteristisch, daß der Zustand des Bewußtseins rasch vorübergeht; die jetzt bewußte Vorstellung ist es im nächsten Moment nicht mehr, allein sie kann es unter gewissen leicht hergestellten Bedingungen wieder werden. Inzwischen war sie, wir wissen nicht was; wir können sagen, sie seilatent gewesen, und meinen dabei, daß sie jederzeitbewußtseinsfähig war. Auch wenn wir sagen, sie seiunbewußt gewesen, haben wir eine korrekte Beschreibung gegeben. Dieses Unbewußt fällt dann mit latent-bewußtseinsfähig zusammen. Die Philosophen würden uns zwar 284 einwerfen: »Nein, der Terminus unbewußt hat hier keine Anwendung, solange die Vorstellung im Zustand der Latenz war, war sie überhaupt nichts Psychisches.« Würden wir ihnen schon an dieser Stelle widersprechen, so gerieten wir in einen Wortstreit, aus dem sich nichts gewinnen ließe.

Wir sind aber zum Terminus oder Begriff des Unbewußten auf einem anderen Weg gekommen, durch Verarbeitung von Erfahrungen, in denen die seelischeDynamik eine Rolle spielt. Wir haben erfahren, das heißt annehmen müssen, daß es sehr starke seelische Vorgänge oder Vorstellungen gibt – hier kommt zuerst ein quantitatives, also ökonomisches Moment in Betracht –, die alle Folgen für das Seelenleben haben können wie sonstige Vorstellungen, auch solche Folgen, die wiederum als Vorstellungen bewußt werden können, nur werden sie selbst nicht bewußt. Es ist nicht nötig, hier ausführlich zu wiederholen, was schon so oft dargestellt worden ist. Genug, an dieser Stelle setzt die psychoanalytische Theorie ein und behauptet, daß solche Vorstellungen nicht bewußt sein können, weil eine gewisse Kraft sich dem widersetzt, daß sie sonst bewußt werden könnten und daß man dann sehen würde, wie wenig sie sich von anderen anerkannten psychischen Elementen unterscheiden. Diese Theorie wird dadurch unwiderleglich, daß sich in der psychoanalytischen Technik Mittel gefunden haben, mit deren Hilfe man die widerstrebende Kraft aufheben und die betreffenden Vorstellungen bewußtmachen kann. Den Zustand, in dem diese sich vor der Bewußtmachung befanden, heißen wirVerdrängung, und die Kraft, welche die Verdrängung herbeigeführt und aufrechtgehalten hat, behaupten wir während der analytischen Arbeit alsWiderstand zu verspüren.

Unseren Begriff des Unbewußten gewinnen wir also aus der Lehre von der Verdrängung. Das Verdrängte ist uns das Vorbild des Unbewußten. Wir sehen aber, daß wir zweierlei Unbewußtes haben, das latente, doch bewußtseinsfähige, und das Verdrängte, an sich und ohne weiteres nicht bewußtseinsfähige. Unser Einblick in die psychische