Der Geiger auf dem Dach
Es geschah während eines besonders heißen Sommers, in dem Brooklyns Übergewichtige eine Geheimgesellschaft zu bilden schienen, die sich mit Signalen von weißen Taschentüchern auf schweißüberströmten Gesichtern verständigten; in dem das Eis in den Waffeln schmolz und die Hände mit einem Netzhandschuh aus Milch überzog, bevor man einen Schattenplatz gefunden hatte, wo man es in Ruhe aufschlecken konnte; in dem der nächtliche Schlaf ein glitschiger Fisch war, der sich nur mit den Rauchsäulennetzen der Zigaretten einfangen ließ, die auf den Feuertreppen geraucht wurden, wo man Erwachsene und Katzen sich lieben hörte in den Armen eines klebrig-feuchten Universums. Ich stelle mir gern vor, dass ich der Einzige war, der die Ankunft des Geigers in all seiner Pracht und Herrlichkeit beobachtete; der Einzige, der jedes Detail seines Erscheinens im Gedächtnis bewahrte, als wüsste er schon, dass er davon später einmal würde berichten müssen. An jenem Morgen schaute ich aus dem Flurfenster im zweiten Stock unserer Pension zu Tom und Bobby hinunter und wartete darauf, dass sie endlich den Widerstand des Hydranten überwanden, damit ich hinuntergehen und mich nach gemurmelter Entschuldigung wegen Zuspätkommens unter dem dicken Wasserstrahl erfrischen konnte, der seinen Segen dann über den Gehweg ergießen würde. Tom und Bobby würden sich zwar vielsagende Blicke zuwerfen, doch die Hitze würde schon dafür sorgen, dass sich ihre Beschwerden auf den nächsten Tag verschoben. Mit meinen jüngst erreichten dreizehn Jahren war mir schon klar, dass das Leben denen gehörte, die die schwere Arbeit anderen überließen, besonders im Sommer. An diesem Tag jedoch wäre ich bereit gewesen, ihnen zu helfen, da sie sich zu ungeschickt anstellten und das Wasser einfach nicht kommen wollte. Mein Blick wanderte noch über die Straße, über jenen Zipfel der Welt, den ich wie meine Hosentasche kannte und dem ich keinerlei Überraschung mehr zutraute. Da sah ich den Geiger um die Ecke biegen, sah ihn gemessenen Schritts in unseren Vanilleeissommer eindringen, schmal wie ein Docht und blass wie ein Rettich, eingezwängt in einen Anzug, so schwarz wie die Spucke eines Bergmanns. Am meisten aber erregte der geheimnisvolle schwarze Geigenkasten meine Aufmerksamkeit, der auf Höhe seiner Knie zu erschauern schien wie ein auf den Strand geworfener kleiner Wal. Die ganze Straße stellte das Leben vorübergehend ein, um den Geiger herankommen zu sehen. Vielleicht verhinderten meine Stoßgebete, dass er am Ende der Straße wieder verschwand und uns unserem erbärmlichen Alltag überließ; bewirkten meine geballten Fäuste und Versprechen, nie mehr meine Mutter auf die Palme zu bringen, dass seine staubigen italienischen Schuhe vor der Tür unserer Pension zum Stillstand kamen.
Er schrieb sich nur mit seinem Nachnamen ein, Peterson, einem Tausendfüßler von Buchstaben, der kaum in die Spalte passte, auf die Papas fetter Finger wies, und der seine Rätselhaftigkeit noch vervollständigte, indem er sich mit den langweiligen Alltagsnamen der übrigen Gäste zusammentat. Die Geige war sein einziges Gepäckstück, sodass ich keinen Vorwand in Form einer Tasche oder eines Koffers fand, um ihn zu seinem Zimmer zu begleiten. Mir blieb nichts anderes übrig, als ihm zuzusehen, wie er so geräuschlos nach oben glitt, dass die in den Sesseln des Vestibüls eingenickten Gäste verwundert aufs