Abschied
uten Morgen, London, du hörst Kiss 105-108!«, schmetterte die bekannte Stimme aus dem Radiowecker.
»Mistiger, guten Morgen!«, fluchte Cathrin. Sie lockerte ihren Hals. Lautstark knackte ihr Genick. Mit schmerzverzerrter Miene rieb sie sich den Nacken. Sie musste während der Nacht sehr unpassend gelegen haben, denn nicht nur ihre Rückenmuskeln schmerzten. Sie spürte deutlich einen tiefen Abdruck auf ihrer Wange. Sie musste fürchterlich aussehen!
Cathrin streckte sich. Die Decke rutschte ihr von den Schultern. Müde sah sie auf den Boden und musste lächeln. Jessica sorgte sich wirklich rührend um sie!
Langsam stand sie auf, öffnete die Tür ihres Zimmers und atmete tief den Duft von gerösteten Bohnen ein. Der herbe Geruch ließ ihr das Wasser im Mund zusammen laufen. Sie konnte sich jetzt nichts Schöneres vorstellen, als eine Tasse dampfenden Kaffee.
»Guten Morgen, Sweety!«, hörte sie schon die gut gelaunte Stimme ihrer Mitbewohnerin. Sie konnte sich nicht erklären, wie Jessica jeden Morgen so dynamisch sein konnte.
»Morgen!«, gähnte sie und streckte sich nochmals. Verschlafen ließ sie sich auf einen Stuhl fallen und griff nach der Kaffeekanne, die ihr abrupt wieder entwendet wurde. Perplex blickte sie auf. Jessica baute sich vor ihr auf.
»Kaffee gegen Frühstück mit dem Hund«, bemerkte sie und stemmte eine Hand in die Hüfte. In der anderen Hand hielt sie das morgendliche Druckmittel.
Cathrin nickte ergeben und erhob sich vom Stuhl. Sie war einfach noch zu müde für eine Auseinandersetzung.
»Braves Kitte-Cathi!« Unvermittelt drückte ihr Jessica eine Tasse Kaffee in die Hand.
Stille Freude spiegelte sich in Cathrins Augen. Langsam schlurfte sie den Flur entlang, an dem Poster von Jack Nicholson vorbei, und öffnete die Eingangstür.
Ein lautes, helles Klirren ließ Jessica aufschrecken. War Cathrin vor Müdigkeit die Treppen hinuntergefallen? Schnell eilte sie zum Eingang und erkannte, dass Cathrin nicht einmal über die Türschwelle getreten war.
Cathrin war totenbleich im Gesicht, ihre Augen weit aufgerissen, die Lippen bebten. Ihre Hand war noch so, als hielte sie den Becher mit dem heißen Getränk. Der Kaffee, samt zersplitterter Tasse, befand sich auf dem Boden.
Langsam sog der Teppich die schwarze Flüssigkeit auf. Cathrins Körper begann zu zittern, stumme Tränen rannen über ihre Wangen.
Zögernd trat Jessica näher. Cathrins Blick haftete auf dem Boden vor der Tür. »Cathrin, was ist?«
Cathrins Mund bewegte sich, doch kein Ton trat über ihre Lippen.
Behutsam kam Jessica näher und erblickte schließlich auf dem marmornen Flur, was Cathrin erstarren ließ.
Sie riss die Hände vor den Mund und ließ dabei ihre eigene Tasse auf den Teppich fallen.
Auf dem weißen Marmorboden breitete sich eine große Lache dicken, schwarzen Blutes aus, das zähflüssig die Treppe hinuntertropfte. In der Mitte dieses Sees lag ein Wesen, wie es unschuldiger nicht sein konnte.
Jessica musste den Würgereiz unterdrücken. Fest presste sie die Hand auf den Mund.
Die Pfoten waren starr vom Körper gestreckt. Das graue Fell verklebt und stumpf.
»Oh Gott!«, wisperte Jessica.
Cathrin sog geräuschvoll Luft ein. Ihr starrer Blick war auf den Körper des toten Tieres gerichtet. Die Augen hefteten sich auf eine besondere Stelle, den Hals.
»Wo ist der Kopf?«, würgte sie heraus und blinzelte den Schwall an Tränen weg. Ihr Körper fühlte sich kraftlos an, ihr Kopf wie aus Watte. Das konnte nicht ihr geliebter Vierbeiner sein! Ihr Blick folgte der Spur aus rubinrotem Blut, die sich die Stufen hinunter erstreckte.
Wie in Trance bewegte sich ihr Körper. Ihre Haut wirkte fahl in der morgendlichen Sonne und ihre Lippen waren noch schmaler als sonst. Zitternd stieg sie die Stufen hinunter. Das Blut klebte an ihren nackten Füßen. Ihre Hände hangelten sich am Geländer entlang, bis sie zur Eingangspforte kam.
Unter ihren Sohlen spürte Cathrin die spitzen Steine des Hofes. Jedoch drang kein Schmerz bis zu ihrem Gehirn. Das Bild, das sie erblickte, ließ ihre Sinne stumpf werden.
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