: Elisabeth Young-Bruehl
: Hannah Arendt Leben, Werk und Zeit. Erweiterte Ausgabe mit neuem Vorwort
: S. Fischer Verlag GmbH
: 9783104038001
: 1
: CHF 14.00
:
: Biographien, Autobiographien
: German
: 800
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Das Standardwerk ?Hannah Arendt. Leben Werk und Zeit? zur größten Philosophin des 20. Jahrhunderts Hannah Arendts Leben und Werk wird hier in der definitiven Biographie von Elisabeth Young-Bruehl beschrieben. Als Schülerin Arendts konnte sie den Nachlass der großen Philosophin sowie deren Korrespondenz auswerten. Es ist ihr ein hochgelobtes und differenziertes Porträt von Hannah Arendt im Kontext ihrer Zeit gelungen. Die vorliegende Ausgabe enthält das neue, umfangreiche Vorwort zur amerikanischen Ausgabe, in dem Young-Bruehl auf alle neuen Materialien eingeht, die seit der ersten Veröffentlichung ihrer Biographie aufgefunden worden sind, sowie auf die neuern Diskussionen von Arendts Werk.

Elisabeth Young-Bruehl, 1946-2011, studierte bei Hannah Arendt an der New York School for Social Research in New York. Sie arbeitete als Psychotherapeutin am Institute of Pennsylvania in Philadelphia und am Center for Psychoanalytic Training and Research an der Columbia University in New York.

Elisabeth Young-Bruehl Vorwort zur zweiten Auflage


Im Herbst2003 erzählte ich an einem College in New England vor Studenten und Mitarbeitern eine meiner liebsten Arendt-Geschichten.1969, kurz nachdem Arendt begonnen hatte, an der New School for Social Research in New York zu unterrichten, wurde sie von einer Studentengruppe (zu der auch ich gehörte), die gegen den Vietnam-Krieg protestierte, um Rat gefragt, ob sie sich der örtlichen Gewerkschaft anschließen sollte, um mit ihr gemeinsam eine Antikriegsdemonstration zu organisieren. Arendt hörte sich all unsere Argumente für und wider aufmerksam an und antwortete dann lakonisch mit ihrem starken deutschen Akzent: »Nun [Vell], das hieße, dass Sie deren Mimeographen benutzen könnten.« Als ich mit der Geschichte am Ende war, lachten die älteren Kollegen im Publikum – meine Altersgenossen – über dieses Beispiel für die praktische Veranlagung der großen politischen Denkerin, während die Studenten gespannt, aber etwas ratlos dreinschauten. Einer der »Neuankömmlinge«, wie Arendt die Studenten immer zu nennen pflegte, kam anschließend zu mir, um sich für den anregenden Vortrag zu bedanken. »Hannah Arendt zu lesen war für mich, also äh … überwältigend«, sagte sie. Und dann fragte sie mich ganz im Ernst, was ein Mimeograph sei.

Seit diese Hannah Arendt-Biographie1982, sieben Jahre nach Arendts Tod, erstmals erschien, ist eine neue Generation von Lesern herangewachsen. Diese neue Generation organisiert Antikriegsdemonstrationen heute per Handy und E-Mail. Sie lernt in einer Welt politisch zu denken und zu handeln, die sich grundlegend von der Welt unterscheidet, in der Arendt lebte – auch wenn sie aus ihr hervorgegangen ist. Würde ich die Biographie heute verfassen, dann wäre diese neue Welt mein Arbeitskontext, und ich würde versuchen, die »Neuankömmlinge« miteinzubeziehen – jene Leser, aus deren Wahrnehmung die Ereignisse um die letzte Jahrhundertmitte, die für Arendts Politikverständnis so entscheidend waren, zu einer fernen Vergangenheit gehören und denen die Welt nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion die einzige Welt zu sein scheint, die es zu ergründen gilt.

Ich habe gelegentlich daran gedacht,Hannah Arendt. Leben, Werk und Zeit zu überarbeiten, um es auf die Gegenwart und auf jüngere Leser zuzuschneiden.[1] Doch immer wieder entschied ich mich dafür, die ursprüngliche Form zu belassen, denn sie stellt Hannah Arendts Leben in jener Welt dar, die sie selbst erlebte, und sie stellt es auf eine Art und Weise dar, wie Arendt und die Welt am Ende ihres Lebens gesehen und beurteilt werden konnten. In meinem ursprünglichen Vorwort schrieb ich: »Die Nachwelt mag auch das Leben beurteilen – der Biograph hat nur darüber zu befinden, ob die Geschichte erzählenswert ist.« Dieser postume Prozess der Beurteilung ihres Lebens hat nun begonnen, und einige dieser Beurteilungen möchte ich hier gerne in Augenschein nehmen. Ich möchte auch jenen Lesern etwas an die Hand geben, die Arendts Sorge um die Welt, ihre »Liebe für die Welt« vielleicht teilen, die aber zu jung sind, um sie persönlich kennengelernt zu haben – Lesern, die so alt sind, wie ich es war, als ich an der New School das Glück hatte, mein philosophisches Promotionsstudium zu beginnen, das ich schließlich unter ihrer Betreuung mi