: Andreas Franz, Daniel Holbe
: Der Fänger Julia Durants neuer Fall | Kriminalroman
: Verlagsgruppe Droemer Knaur
: 9783426426777
: Julia Durant ermittelt
: 1
: CHF 10.00
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 448
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
In einem Waldstück bei Frankfurt wird die Leiche eines Sexualstraftäters gefunden, der seit Jahren als vermisst galt. Die Ermittlungen ergeben, dass der Mann zwar mehrfach verdächtigt, doch nie verurteilt wurde. In den Akten tauchen immer wieder derselbe Richter und dieselben Anwälte auf - Zufall? Die brutalen Verletzungen des Mordopfers lassen auf ein sehr persönliches Motiv schließen. Und auf große Wut. Und während Julia Durant sich noch mit der Frage herumschlägt, wem sie hier eigentlich zu Gerechtigkeit verhilft, muss sie erkennen, dass ihr der Gegenwind auch aus den eigenen Reihen entgegenschlägt.

Andreas Franz' große Leidenschaft war von jeher das Schreiben. Bereits mit seinem ersten Erfolgsroman JUNG, BLOND, TOT gelang es ihm, eine riesige Fangemeinde in seinen Bann zu ziehen. Seitdem folgte Bestseller auf Bestseller, die ihn zu Deutschlands erfolgreichstem Krimiautor machten. Seinen ausgezeichneten Kontakten zu Polizei und anderen Dienststellen ist die große Authentizität seiner Kriminalromane zu verdanken. Andreas Franz starb im März 2011.

Prolog


Jakob Schneider. Der Name schrieb sich, als trüge er ihn schon zeit seines Lebens. Seinem Gegenüber fiel nichts auf, als er kurz zögerte und über das Geburtsjahr nachdachte. Er konnte ja schlecht um seinen Personalausweis bitten, um nachzusehen. Er fuhr sich durch das dunkelblonde Haar, welches an den Seiten kurz rasiert war und oben in Strähnen nach hinten fiel. SS-Schnitt nannte man es zuweilen, doch er hatte die Bezeichnung lange nicht mehr gehört.

»Wie lange bleiben Sie?« Die Stimme klang freundlich, wenn auch desinteressiert. Vermutlich war es nur ein Nebenjob. Nachtportier. Was man wohl dabei verdiente?

Schneider beäugte den jungen Mann mit den fein gezeichneten Gesichtszügen. Er wusste Perfektion zu schätzen, hatte einen Sinn für das Schöne. Makellose Menschen erregten ihn.

»Drei Nächte«, antwortete er gepresst, »vielleicht auch länger.«

Als müsse er die Buchungen checken, flogen die Hände seines Gegenübers durch den Kalender. Es waren keine Ferien, draußen standen kaum Autos.

»Das müsste gehen. Sagen Sie aber bitte so früh wie möglich Bescheid.«

»Erwarten Sie etwa eine Reisegruppe?«

»Man kann nie wissen«, kam es mit einem schlagfertigen Grinsen zurück.

Jakob Schneider griff seinen Zimmerschlüssel und seinen Rollkoffer. Viel führte er nicht mit sich.

Zwanzig Minuten später – er hatte sich den Oberkörper gewaschen, ein neues Hemd angezogen und auf die Haare reichlich Wachs aufgetragen – verließ er die Absteige und fuhr in Richtung Stadtgrenze. Er musterte die ausgemergelten Körper, die rauchend an den Laternen standen. Manche winkten, einige rangen sich ein kokettes Lächeln ab. Doch die Augen waren allesamt leer. Das Licht seiner Scheinwerfer brachte ihnen Sekunden des Glanzes, dann kehrte die Trostlosigkeit zerstörter Träume zurück. Makellosigkeit würde er hier nicht finden. Ungeduldig suchte Schneider, bis er es schließlich aufgab. Seine Lenden pochten heiß, er gierte danach, sich zu befriedigen. Als sein Fuß das Gaspedal gerade hinabdrücken wollte, taumelte ein hagerer Körper vor seine Stoßstange. Fluchend stieg er in die Eisen, sein Oberkörper ruckte nach vorn. Kein Aufprall, doch es konnten kaum mehr Millimeter sein.

»Hast du keine Augen im Kopf?«

Er bedauerte seinen Schrei sofort, als sich das Gesicht im Lichtkegel zeigte. Sie war keine Schönheit, doch sie war natürlich. Nicht überschminkt, kein Kussmund, keine Netzstrümpfe. Sie erregte ihn. Er stieß die Tür auf und reichte dem Mädchen den Arm, Schneider schätzte sie auf Anfang zwanzig.

In fast akzentfreiem Deutsch nuschelte sie eine Entschuldigung.

»Ist ja nichts passiert. Wie heißt du?«

»Lola.«

Sofort dachte Schneider an die Kinks. Er rechnete nach. Der Song war vierzig Jahre alt. Die Kleine kannte ihn vermutlich nicht einmal.

»Möchtest du mitkommen? Ich habe ein warmes Zimmer in der Nähe.«

Lola zog die Augen zu Schlitzen. »Ich mach’s aber nicht umsonst.« Sie deutete in Richtung Motorhaube. »Ist ja nichts passiert.«

»Reifen und Bremsen haben schon was abgekriegt«, gab er zurück, »aber so ein Kleinkarierter bin ich nicht. Ich war hier draußen und habe jemanden gesucht. Nichts Perverses, keine kranken Phantasien.« Er kniff die Augen zusammen und wartete auf ihre Reaktion.

»Normalerweise mach ich’s im Auto.«

Schneider nannte den Namen seiner Absteige und deutete hinter sich ins Nichts. »Du kennst sie doch garantiert. Noch nie dagewesen?«

Lola nickte murmelnd und stieg ein.

 

Der