: Marcus Spangenberg
: Ludwig II. A Different Kind of King
: Verlag Friedrich Pustet
: 9783791760711
: kleine bayerische biografien
: 3
: CHF 12.60
:
: Biographien, Autobiographien
: German
: 176
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Er hasste Krieg und führte zwei bewaffnete Kämpfe. Er sah sich als König von Gottes Gnaden und ordnete sich dem Kaiser unter. Er bevorzugte die Einsamkeit und suchte ständig nach einem Vertrauten. König Ludwig II. von Bayern (1845-1886) reagierte auf seine Zeit mit einem veralteten und religiös verklärten Verständnis vom Königtum. Sein Beharren auf das 'wahre,echte' Königsamt bewirkte das Gegenteil: Ludwig II. verlor sich selbst in der Realität eines mäßig mächtigen Staates und wurde 1886 seines Thrones und seine Lebens beraubt. Die Biografie berücksichtigt den neuesten Forschungsstand und bietet zugleich überraschende Einblicke und Deutungen.

Marcus Spangenberg, geb. 1968, studierte Kunstgeschichte, Geschichte, Klassische Archäologie und Religionswissenschaft. Er arbeitet als Kunsthistoriker und Journalist.

»Schwer ist die Aufgabe«

 

1   Ludwig II. und die Realität des Königtums

 

 

Am 12. März 1864 notiert König Ludwig II. von Bayern in seinem nahezu täglich geführten Tagebuch:»Sonnabend Geschäfte, begann um ½ 9 Uhr«. Plötzlich reißt er das Buch herum und schreibt über die gesamte Seitenbreite»König!« – in sehr großen Buchstaben.

Zwei Tage zuvor, in der Nacht zum 10. März, hatte König Maximilian II., der Vater Ludwigs, in der Münchner Residenz die Sterbesakramente erhalten. Er verlangte nach seinem nicht einmal 19-jährigen Sohn. Was er ihm zu sagen hatte, ist nicht überliefert. Ludwig jedenfalls verließ weinend und tief erschüttert das Sterbezimmer des dritten bayerischen Königs, als dessen Nachfolger er von Geburt an erzogen wurde. Wenige Stunden später, gegen fünf Uhr morgens, ertönte über dem weitläufigen Sitz der Wittelsbacher in der Haupt- und Residenzstadt München die Trauerglocke und kündete vom Ableben Maximilian II. nach einer kurzen, aber schweren Krankheit.

Der bisherige Kronprinz Ludwig war nun»Ludwig II. von Gottes Gnaden König von Bayern, Pfalzgraf bei Rhein, Herzog von Bayern, Franken und Schwaben etc.«, wie ihn die offizielle Titulatur auswies. Das darin zum Ausdruck kommende Gottesgnadentum war im 19. Jahrhundert mehr Symbol als von wirklicher Bedeutung. Immerhin erklärte die Verfassungsurkunde des Königreichs Bayern von 1818 die Person des Monarchen als»heilig und unverletzlich«. Es schützte aber den Herrscher nicht vor Angriffen und Beschneidungen seiner Macht – auch nicht Ludwig II.

Dieser erblasste und zeigte sich tief erschüttert, als er am Totenbett des Vaters von einem Diener zum ersten Mal mit »Majestät« angesprochen wurde. Aber, so berichtete der zeitgenössische Biograf Gottfried von Böhm, Ludwig fasste sich rasch, denn»die hohen und poetischen Vorstellungen, die er an das Königtum knüpfte, erhoben ihn, beglückten ihn und berauschten ihn bald«.

 

 

Abb. 1: Ludwig II. in bayerischer Generalsuniform. – Fotografie von Joseph Albert, 1864.

 

Ludwig kannte die Realität eines Königs von Bayern. Sein Vater regierte bereits von 1848 an, als der Erstgeborene im dritten Lebensjahr stand. So wusste der Sohn, was es heißt, den bedeutendsten Mittelstaat Deutschlands zu führen und mit den Möglichkeiten einer konstitutionellen Monarchie zurechtzukommen. Doch wirkliche Erfahrung im Regieren hatte Ludwig noch nicht gewinnen können. Die»poetischen Vorstellungen« waren bei seinem Herrschaftsantritt bedeutend größer als seine Kenntnisse.

Napoleon schuf den König


Dass Bayern ein Königreich war, verdankte es dem selbsternannt