18
Jens hatte versucht, Charly anzurufen, aber der Penner war nicht ans Telefon gegangen. Jetzt stand er vor dessen Tür und läutete Sturm, bis er hinter der Tür Schritte hörte.
»Ja?«, klang es verschlafen. »Wenn dort die Polizei ist, holt mich bitte erst in zwei Stunden, dann bin ich ausgeschlafen. Ich laufe bestimmt nicht weg.«
»Charly, ich bin’s, Jens. Mach auf, verdammt!«
Der Schlüssel drehte sich im Schloss und das verschlafene Gesicht Charlys erschien.
»Verflucht, Jens. Es kann nur kurz nach Mitternacht sein. Was willst du schon wieder hier?«
Jens hatte nicht die Zeit, Charly seine Lebensgeschichte auseinanderzulegen, und ihm zu erklären, dass es bereits acht Uhr war, sondern er drängte sich einfach durch den Türspalt.
»Es ist wichtig, Charly. Wach auf. Du musst mir helfen.«
»Das klingt irgendwie nicht gut. Das letzte Mal …«
»Red kein Blech, Charly, wo ist die Kaffeemaschine, damit dein Kreislauf aufwacht? Ich brauche deinen Computer. Alles legal! Außerdem habe ich eine Frage.«
Charly atmete hörbar enttäuscht auf. »Legal? Dann lass mich in Frieden und hau ab.«
»Na ja, ganz legal nicht, Charly. Ich muss etwas wissen.«
Charly wuchtete die Augenlider nach oben und sah ihn mit wässrigen, rot geränderten Augen an. Dann rümpfte er angewidert die Nase. »Du stinkst nach Scheiße, Mann. Das ist ja ekelhaft.«
»Okay, gewonnen, Freund. Ich dusch mich und du kannst noch zwei Minuten knacken.«
Unter der Dusche genoss Jens das heiße Wasser. Jetzt hatte er Zeit nachzudenken. Die letzten Tage waren hektisch und voller Ereignisse gewesen, die er noch nicht einschätzen konnte. Er war bei Chrissi gelandet. Sie war für ihn ein einziges Rätsel und ebenso unnahbar wie geheimnisvoll. Er wusste nicht recht, ob er sich in sie verliebt hatte, oder ob nur ihre Art zu leben ihn momentan anzog. Sein eigentliches Ziel hatte er dabei etwas aus den Augen verloren. Schließlich wollte er den Mann finden, dem er sein beschissenes Leben verdankte. Aber die Straße forderte ihren Tribut. Sie ließ ihm wenig Spielraum, wenn er sich behaupten wollte. Ein ungutes Gefühl bereitete ihm Dirk, dessen Machenschaften ihm noch völlig unklar waren. Einzig die Gedanken an Angela und Kogge waren wie weggeblasen und selbst die Schule spielte keine Rolle mehr. Sollten sie ihn doch suchen, er würde allein zurechtkommen.
Jens trocknete sich ab, so dass die Haut rot anlief. Dann nahm er sich aus Charlys Schrank Unterwäsche, packte seine Jeans und sein Sweatshirt zusammen mit Short und Hemd und steckte es in die kleine Wäschetrommel. Obenauf stand Waschmittel. Charly hatte ihm einmal gezeigt, wie alles funktionierte und das zahlte sich jetzt aus. Als das Gerät lief, sah er ins Zimmer. Charly lag auf dem Sofa und schnarchte, die Computer leuchteten betriebsbereit.
Jens wusste selbst nicht, was er genau suchte, aber er dachte sich, dass der Vergewaltiger vielleicht irgendwann geschnappt worden war und diese Nachricht in der Zeitung auftauchen müsste. Er setzte sich an einen der Computer und wollte sich ins Internet einwählen, als Charly aufwachte. »Was suchst du?«
»Einen Zugang zum Netz!«
Charly gähnte und streckte sich. Dann stand er auf und tappte zu Jens an die Tastatur. »Hey, spinnst du? Das ist meine eigene Nummer. Das kostet Geld. Lass mich mal. Die Stadt ist da großzügiger. Wir versuchen es einfach über eine städtische Nummer. Vielleicht die des Oberbürgermeisters. Sollen wir eine Sex-Seite anwählen? Dann b