1. Kapitel
Einige Stunden zuvor
„Aha, eine Reisejournalistin sind Sie also“, hob der ältere Mann hervor, der sich vor Alexandra hingehockt hatte, um Kater Brown zu streicheln. „Und woher kommen Sie, wenn ich fragen darf?“
„Aus Düsseldorf.“
Der Mann stutzte. „Aber … wir sind doch hier in Düsseldorf“, entgegnete er. „Wäre das Japanfest dann nicht … ähm … ein Thema für die Lokalberichterstattung?“
Alexandra lachte und strich sich ein paar rötliche Strähnen hinters Ohr, die der leichte Wind ihr ins Gesicht geweht hatte. „Na ja, genau genommen bin ich nicht hier, um über das Fest zu berichten. Ich will mich nur ein wenig mehr mit der Kultur des Landes beschäftigen, weil ich darauf hoffe, vielleicht noch in diesem Jahr den Auftrag zu bekommen, nach Japan zu fliegen. Da will ich halt vorbereitet sein, auch wenn die Veranstaltungen hier mich bestimmt nicht auf eine Stadt wie Tokio vorbereiten können.“
Der Mann richtete sich auf, während Kater Brown um Alexandras Beine strich. „Nein, darauf können Sie sich nicht mal vorbereiten, wenn Sie sich drei Wochen lang Filme über das Land ansehen. Sie wissen dann zwar etwas besser Bescheid, aber selbst mitten in Tokio an einer Kreuzung zu stehen – das kann man damit überhaupt nicht vergleichen. Da stürzen tausend Geräusche und Gerüche auf Sie ein, es wimmelt um Sie herum von Menschen. Und Sie wissen vor lauter Leuchtreklamen gar nicht, wohin Sie blicken sollen.“
„Klingt so, als wären Sie schon mal da gewesen.“
Er nickte. „Ja, aber viel kürzer als geplant. Ich habe tatsächlich eine Panikattacke bekommen, als ich nur vom Bahnsteig aus zugesehen habe, wie die Leute in die U-Bahn-Waggons hineingequetscht wurden. Danach war ich ein paar Tage im Krankenhaus, und dann bin ich sofort nach Hause geflogen und habe eine Woche Urlaub an der Nordsee gebucht: und zwar Mitte Dezember, als dort wirklich kein anderer Tourist aufgekreuzt ist.“ Er schüttelte den Kopf. „Es war einfach zu viel für mich.“
„Na, jetzt komme ich wirklich ins Grübeln, ob ich überhaupt noch da hinfliegen will“, dachte Alexandra laut nach. „Ich meine, ich habe an sich kein Problem mit großen Menschenmengen, aber … ich habe schon mal Aufnahmen von den U-Bahnen und Zügen in Japan gesehen. Und das war nicht gerade angenehm für mich.“
„Ach, lassen Sie sich Ihr Vorhaben nur nicht von mir vermiesen, Frau …“
„… Berger, Alexandra Berger“, ergänzte sie.
„Angenehm. Gregor Kalkowski.“ Er schüttelte ihre Hand. „Vielleicht kann ich Sie ja zu einem Gläschen Sake einladen? Quasi als Wiedergutmachung dafür, dass ich Ihnen die Lust auf Ihre Japanreise ein wenig genom