Prolog
New Orleans
15. November 1849
Die Passagiere liefen an der Reling des DampfersLouisiana zusammen, winkten und riefen ihren Lieben am Ufer Abschiedsworte zu. Darius Thornton stapfte missmutig über das Deck davon, in die entgegengesetzte Richtung. In der letzten halben Stunde, als Kapitän Cannon ihn und eine Handvoll anderer Investoren über das Schiff geführt hatte, hatte er seinen kompletten Vorrat an Lächeln aufgebraucht.
Sein Bruder David hätte derjenige sein sollen, der sich mit karibischen Kaffeebaronen und Baumwollmagnaten aus den Südstaaten herumschlug. David war der Diplomat in der Familie. Sich mit reichen Plantagenbesitzern zu unterhalten und deren Frauen zu bespaßen, ging ihm genauso leicht von der Hand wie Darius das Erstellen von Tabellen und Statistiken. Doch Davids Frau erwartete ihr erstes Kind und hatte darauf bestanden, dass ihr Ehemann an ihrer Seite blieb, falls das Kind früher kommen sollte. Früher? Darius schnaubte. Bis zur Geburt würden noch Monate vergehen. Der kleine Racker wurde erst im Januar erwartet.
Darius stützte die Arme auf die Reling und starrte in das dunkle Wasser. Werdende Mütter. Immer so nervös und ängstlich wegen allem und jedem. Sie banden ihre Männer an ihren Rockzipfeln fest und sorgten dafür, dass sich die Brüder der Männer unangenehmen Aufgaben stellen mussten, wo diese doch viel lieber zu Hause in ihrem Büro und bei ihren Zahlen geblieben wären – Zahlen, die keine Sozialkompetenz und unangenehmen Small Talk verlangten. Solide, verlässliche Zahlen, die das Gehirn eines Mannes erforderten und nicht seine Fähigkeit, über das Wetter zu schwadronieren und solcherlei Unfug.
Doch Brüder waren dafür da, die Bürde des Familienunternehmens zu tragen. David war mehr als einmal für Darius eingesprungen. Es war nur gerecht, dass er ihm nun den Gefallen erwiderte. Zu schade, dass er sich währenddessen so schrecklich förmlich benehmen musste. Er mochte es, hinter verschlossenen Türen hemdsärmelig am Schreibtisch zu sitzen und zu arbeiten. Stattdessen hatte er im maßgeschneiderten Anzug und Filzhut mit Blümchen an der Krempe vor aller Welt seine gehobene gesellschaftliche Stellung demonstrieren müssen.
Mit einem Knurren steckte er einen Finger unter die Fliege an seinem Kragen und wünschte sich, er könnte sich das Ding vom Hals reißen und es in die schlammigen Fluten des Flusses werfen. Den ganzen Tag über rieb das nervige Teil schon an seinem Unterkiefer herum.
„Ich dachte,King Star Shipping hätte sich auf Hochseedampfer spezialisiert, Thornton. Woher Ihr Interesse an Flussdampfern?“
Darius schluckte