Drittes Kapitel
Tod der Gräfin P... Armut ihrer Töchter. Kriegsvorfälle
Ehe dieser Brief anlangte, waren in seinem Schlosse manche ängstliche herzzerreißende Ereignisse Schlag auf Schlag über die armen Unschuldigen eingebrochen. Einige Kaufleute, die seinem Vermögen schon lange heimlich nachgespürt hatten, waren mit ihrer verzögerten Zahlung dringend geworden, die Gräfin hatte sie mit Lächeln erst abweisen lassen, aber die Leute kamen den andern Tag gleich wieder und wollten etwas bestimmtes über die Rückkehr des Grafen wissen. Die Gräfin wurde dabei von einer sonderbaren Angst ergriffen, insbesondre da ihr die längere Abwesenheit ihres Mannes befremdend schien; sie sandte ihm Stafetten nach an mehrere Orte, wo sie ihn vermutete; die jungen Gräfinnen befürchteten, ihm sei ein Unglück begegnet, Klelia betete und Dolores blieb beinahe einen ganzen Tag im Bette liegen. Ein alter Bedienter, der sie einst auf den Armen getragen und dem Hauswesen mit großer Treue vorstand, drückte ihnen die Hände und sagte bedeutend: sie möchten sich nur fassen, es sei nicht alles, wie es sein sollte, er habe schon seit einiger Zeit so was bemerkt, wenn er den Herrn rasiert; er habe zwar wohl ausgesehen, aber das Fleisch sei doch nicht fest gewesen, auch habe er wie im Traume gesessen; sicher sei er krank geworden. Der Brief des Grafen löste endlich alle bangen Zweifel und erhellte wie ein Wetterstrahl den Abgrund, vor dem sie standen. Die Gräfin hatte sich bis zu der Zeit bei dem fröhlichen Leben im Wetteifer mit ihren beiden schönen Töchtern, jugendlich frisch erhalten; der Graf hatte sie aus mehr als bloßer Gewohnheit unverändert wie in den ersten Jahren ihrer Ehe geliebt; seine Abwesenheit allein, die Sorge für ihn hätte sie unabhängig von den übrigen Sorgen elend gemacht; sie alterte schnell und starb zu ihrem Glücke sehr bald; die Demütigung bei der Fürstin, der sie es sonst in allem zuvortun wollte, um einen Indult vergebens nachzusuchen, gab ihr den Todesstoß. Die liebenswürdigen beiden Töchter blieben mit ihrer Trauer, die sie äußerlich aus Armut nicht einmal anlegen konnten, einsam in dem weiten Schlosse zurück; ein Leid bekämpfte das andre und so viel sie geweint hatten, als sie ihre erste Kammerjungfern entlassen und die gewohnten Besuche abweisen mußten, so gleichgültig sahen sie die kostbaren Hausgeräte, Betten, Silberzeug in öffentlicher Versteigerung den Meistbietenden zuschlagen. Ihr alter Bedienter wütete gegen die hartherzige Schändlichkeit der Kaufleute, die durch des Grafen Unterstützung ihren Handel angefangen, durch unverschämten Betrug sich an ihm bereichert, und nun wegen einiger unbedeutender Schulden den Seinen das letzte entrissen; er schwor, es könne ihnen nie wohlgehen, aber